Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.
100 Der Talisman des Weibes.
ihr ein erträgliches Daſein ſichern. — Nein, unterbrechen Sie mich niht!“ rief der Juſtizrath, die Hand der Stifts= dame beruhigend drückend. „Wozu wäre ih da? Jrmen= gard wird Mangel niht kennen lernen. So lange i< Tebe, theilcn wir das, was ih ehrli<h erworben habe, und nach meinem Tode iſ ſie meine Erbin. Morgen ſchon bringe i ſie zu cinem Nervenarzt in eine ſ{<öne, geſunde Waldgegend, wo ſie fern von dieſer Unglü>sſtätte weilt und mix doh nahe genug bleibt, ihx Leben fernerhin zu überwachen.“
Tante Käthe hatte ſeine Rechte fahren laſſen. Der wildbrauſende Strom ihrer Gefühle hatte ſih unter ſeinen hochherzigen Worten geklärt. Sie ſtand auf. Einer in= neren Eingebung folgend, trat ſie in das Nebengemach, um mit ſi< allein zu prüfen, was ihr plößlich als die ſchönſte, heiligſte Pflicht erſchien.
Dreyſing verſtand ſie nicht in ihrem Thun, auch dann noch nicht, als ſie feſten Schrittes zurü>kehrte und mit gewohnter überzeugender Ruhe ſagte: „Frmengard wird mit mix gehen !“
„Mit Jhnen?“ fragte ex gedehnt, denn er dachte an Meiſchi>k*s Haus.
„Mit mix! Nicht fremde bezahlte Menſchen dürfen ſolche Herzenswunden ſehen, denn hier gilt es mehr zu heilen, als franke Augen, hier gilt es eine kranke Seele zu retten. Die leitende Hand erziehender Liebe allein vermag das größere Uebel zu heilen. Jrmengard ſagt, ſie ſei vox mix geflohen; ih ahnte es damals, heute weiß ih es — nun gut, das Unheil, welches i< unwiſſentlich