Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.
116 Wegen Meineids.
Demgemäß tar ex auch feinerſeits bemüht, in ſeinem Verhalten gegen das „Fräulein“ feine Zufriedenheit auê= zudrücken ; das koſtete ihn nihts und brachte ihm no< ein dankbares Lächeln ein. Ja, ex ging ſogar eines Tages noch einen Schritt weiter, indem er auf das Wohlwollendſte im Laden Befehl gab, die kleinen Seidenz und Sammetreſte, Spihenüberbleibſel und was ſonſt an Fli>en und Fli>chen vorhanden war, Fräulein Mühlbrandt zum billigſten Preiſe zu überlaſſen.
Elſe war ſehr dankbar dafür, ſie hatte Herrn Reinert um dieſe Flikchen gebeten; ihrer Mutter geſchi>te Hände machten daraus tauſend kleine hübſche Täſchchen, Körbchenz garniturxen, Nadelkiſſen und allerlei ſonſtige Nichtigkeiten, für welche der Handarbeitêverein oder die betreffenden Gez ſchäfte immer Verwendung hatten. Abends, wenn Elſe heimfam, und im Winter das Wetter zu einein Sþpazier= gange zu ſchlecht war, ſehte fie ſich mit Nadel und Faden an dieſe Fli>chen und zauberte die hübſcheſten Puppen= anzüge daraus, während dann die Mutter ihr vorlas, oder ſie Beide mit einander plauderten.
So? verdienten ſie nebenher no< ein Slückchen Geld und freuten ſi übex jeden Thaler, der in die Blechſpar= bichſe fiel, bis Otto, Elſe's einziger Bruder, von dex Uni= verſität abging, "und dann ein rundes Sümmchen bereit lag, damit er die erſehnte Reiſe nah Frankreich und Eng= ſand machen konnte, um ſich dort in den Sprachen zu ver= vollfommnen.
Otto Mühlbrandt ftudirte Philologie und neuere Sprachen. Elſes Gehalt und allerlei Stipendien, welche