Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.
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Daß Elſe in dem Neinert’ſchen Geſchäfte die Stelle bez fam, war lediglich auf die Jnitiative des Herrn Reinert sen. hin geſchehen. Ex ſah das ſo ſchön entwickelte Mädchen in ſeinem Laden ſtehen; das ſ<li<te Kattunkleid, die herr= liche Figur, die ruhige Beſcheidenheit in Mienen und Blicken, dex Anſtand, Alles gefiel ihm, Alles paßte wun= dervoll! Ex wax gerade auf der Suche uach einem Fräu= lein für die Anprobe; ſo redete ex die ihm ganz fremd gewordene Elſe an, indem ex ſelbſt ſi<h herbeiließ, ſie zu bedienen, und mit angenehmſtem Erſtaunen ſagte ex ſich dann, daß die arme Paſtorentochter, welche im Hauſe mit Handarbeit das Geld für des Bruders Studium zu ver= dienen ſuchte, ſeine Offerte wohl nicht ablehnen würde.
Selbigen Lages, gegen Abend, wax ex bei Frau Paſtor Müßhlbrandt eingetreten und hatte ſo freundſchaftlich und verbindlich betont, daß ihn die Pflicht der Dankbarkeit treibe, die äußerſt leichte und gut bezahlte Stelle zunächſt Elſe anzubieten, daß Mutter und Tochter höchſt gerührt und dankbar annahmen, ohne ſich weiter Bedenkzeit zu erbitten.
Es ging auh Alles gut! Herr Reinert wax ſehr zuſrieden und hatle ſogar ſhon Clſe’s Gehalt erhöht, weil er in Erfahrung gebracht, daß ſein Konkurrent ſich be= mühe, ſie zu einem Engagement zu beſtimmen.
Georg Reinert hatte ſi<h nie merken laſſen, daß ex Clſe mit anderen als Freundesaugen anſah, bis in lehter Zeit. Aber da wax ex auch gleich ſo leidenſchaftlich geweſen ! Ex hatte der Paſtorin erklärt, ex werde nie eine Andere als Elſe heirathen, und ſei xei<h genug, um nicht auf Vermögen ſehen zu müſſen. i