Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

Novelle von L. Haidheim. 131

„Was? Das wäre —!“ fuhr der Alte auf. „Na Jugend hat keine Tugend, in dem Alter iſ man kein Jo ſeph!“ lachte ex dann.

Sein Ton verleßte die feinfühlige Frau.

„Du ſollteſt nicht lachen, es thut mix weh, wenn Du in Deines eigenen Sohnes Sachen leichtfertig thuſt; Du meinſt es ja gar nicht ſo. Es iſt die Elſe Mühlbrandt, mit der er geht,“ ſagte ſie gedrückt.

„Die Elſe? Elſe Mühlbrandt? Aber, zum Kufuf/ das iſt ja ein ganz ordentliches Mädchen! Der Henker ſoll ihn holen, wenn er ſeine leichtſinnigen Thorheiten mit der treiben will!“ Herr Reinert ſprang ganz ärgerlich vom Sopha auf. Ex wax erſchro>en. Ein dunkles Ge= fühl von Gefahr überkam ihn, während Frau Reinert ex= zählte, was ſie eben geſehen.

„Pah! Weiter nihts? Dex Georg iſt ja ihres Bru-= ders Freund, die kennen ſi ſchon feit Kindesbeinen, aus ſolchem Verkehr wird keine Liebe,“ ſagte er beruhigt. „Und außerdem: es ſind anſtändige Leute, die Mutter hat einen vornehmen Anhang irgendwo auf dem Lande, ſie ſtammt von einem Gute.“

„Nun, um fo beſſer, Mann! J< ängſtigte mich ſchon um unſeren braven Jungen. Glaubſt Du denn, daß ex Fanny Neurath wirklich gern hat?“

„Î! was will ex ſie niht gern haben? Ex iſt mit ihr auf dem Cis gelaufen, hat mit ihr oft getanzt! Was ſoll er das allerliebſte und reihe Mädchen niht gern Haben?“ i

Frau Reinert ſah bedrüct vor ſich hin,