Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

Novelle von L, Haidheim. 133

3.

Am anderen Tage gegen Mittag fuhr ein athemloſes Entſehen dur< das Reinertſhe Haus. Die Comptoiriſten ſaßen geſpannt horchend aufre<ht an ihren Pulten, in der Küche hielten die Mägde mit der Arbeit inue, Frau Reiz nert an ihrem Nähtiſche wurde blaß wie der Lod und ſprang, beide Hände wie zum Schuß vox ihre Ohren hal= lend, auf ; zitternd und bebend horchte ſie auf die tobende Stimme ihres Gatten, die durch das ganze Haus ſchallte.

Da wurde es ſchon wieder ſtill, ganz ſtill.

O, ihr Herz ſagte es thr ſchon, ihx Gatte und Georá hatten Streit. Großer Gott, Georg fonnte ſih doh niht ividerſeßen wollen gegen das Glüc, welches ihm da fo ganz von ſelbſt zufiel?

Es dauerte eine ganze Weile; ſie hoxchte no< imniex, denn heftiges Reden und donnernde Fauſtſchläge wie auf eine Tiſchplatte wurden ab und zu laut; da kam auf einz mal der alte Buchhalter blaß und verſtört herein.

„Frau Reinert, ih ‘bitte, gehen Sie doch zu dem Herrn Prinzipal. Jm Comptoir gibt es no<h ein Unglü>, Herr Georg —“

Sie war ſchon an dem grauhaarigen fleinen Herrn vorz über, den Gang hinunter, in ihres Mannes Privatzimmer neben dem Comptoir. Ein heftiges, erregtes Sprechen ihres Mannes war ihr ſchon entgegen getönt.

Richtig, da ſtanden ſie vox einander wie zwei Todſfeinde. Beide duntelroth. Jun heller Wuth der Eine, der Andere in wildem Troß. ;

„Was willſt Du hier? Bleib’, wo Du hingehörſt !“