Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

Novelle von L. Haidheim, 157

„Wirſt Du ihr ſchreiben?“ fragte ſie. Ex bejahte feſt.

Seufzend ſchwieg ſie und ſeufzend, tief bekümmert fuhr ſie heim.

Wie ein Lauffeuer war die Nachricht von dem Streit auch in den Laden gedrungen. Elſe hatte blaß und auſ geregt ihre Pflicht gethan, niht eine Minute durfte ſie ſich ihren ewigen Anproben entziehen, mußte immer freund= lich und willig bleiben und den Damen auf jede Frage Nede und Antwort ſtehen.

Neinert senior und junior hätten ſi<h heftig gezanft. Herx Georg ſei verreist, hieß es. Das war, iwas man Nachmittags flüſternd im Laden ſich mittheilte. Worüber der Streit entſtanden wax, wußte Niemand, außer Elſe, und auch die ahnte ja nichts von Fanny Neurath.

Warum war Georg abgereist? Gab ex ſie auf? Dann ivar es gut jo. 5

Herr Reinert sen. ließ ſich den ganzen Lag nicht ſehen, weder im Laden no< im Comptoir.

„Du biſt eine fluge, verſtändige Frau,“ hatte ex ſeiner Frau lobend und mit einem wirklichen Aufathmen geſagt, als ſie ihm die Nachricht brachte, Georg ſei fort. Nun fonnte ihm dex „desperate Bengel“ doch wenigſtens hier nicht Alles ‘verderben.

Abex troy des’ Lobes für ſeine Frau äußerte er zu ihrem Kummer weder ein Wort über ſeine Abſichten, noch fam ex auf die Geſchichte zurü>. Jedoch als ſie ihn Nachmittags beredet hatte, mit ihr ſpazieren zu gehen, da führte ex ſie auf dem Rückwege dux< die Straße, in welchex die Neuxaths wohnten und wo heute no< über