Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

138 Wegen Meineids.

der Hausthüre das Schild der Firma Neurath & Scholz prangte.

Solch? ein mächtiger Betrieb! Welch? ſtattliches, weit= hin ſi dehnendes Anweſen! Und draußen lag die Fabrik und die Lagerhäuſer auh no<. Es war um toll zu wer= den, wenn man denken ſollte, daß der hirnverbrannte Junge das Alles aus der Hand geben wollte für — eine Betteldirne!

„Mann! Mann!“ mahnte Frau Reinert bittend.

Ex fiel wieder in das brütende Schweigen zurü>, aber immer giftiger und galliger funkelten ſeine Augen.

Am anderen Tage bedurfte es für Elſe Mühlbrandt nux eines Blickes in das ſo ganz veränderte Geſicht des “Prinzipals, um ſofort ſich zu ſagen: „Er weiß Alles |"

Herx Reinert ſprach gar nicht mit ihr, aber wo ſie in ſeine* Nähe kommen mußte oder er in der ihrigen ev= ſcien, da fühlte ſie, daß ſeine boshaften Blitke auf ihr ruhten.

„Ex ſucht nach einer Urſache zum Streit ,“ ſagte ſie ſich, und dieſe heimliche Beobachtung, welche die nächſten Tage fortdauexte, fiug an, ſie förmlich zu ängſtigen.

„Jh wollte, daß ih von ihm fort wäre, Mutter, ex haßt mich und könnte mix beinahe ein Leid anthun,“ ſagte ſie zu dieſer. /

Da war auch ein Brief von Geoxg gekommen. Elſe gab ihn der Mutter. Sie war ſehr traurig.

„Beantworte Du dieſen Brief, Mutter, ih kann ihn niht ſo verwunden, daß ih ihm ſelbſt ſchriebe, als wäre mein Herz wixkli<h von Stein,“ bat ſie.

Die Paſtorin ſchrieb. Feſt und beſtimmt exklärte ſie,