Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

142 “Wegen Meineids.

Sie mußte gehen. Es war ihr, als habe ſie Blei in den Füßen. Welche Shmach! Die mitleidigen BVlide ihrer Colleginnen tröſteten ſie niht; Herr Meier öffnete ihr, galant wie immer, die Thüre und flüſterte: „Nux Ruhe, Fräulein Clſe, wix kennen Sie Alle. Ex wird es morgen bereuen,“ und Herr Carl8heim fragte mit einem vorſichtigen Blik auf den eben ſeinen Hut aufſezenden Prinzipal, ob er Fräulein Clſe begleiten dürfe.

„Ach nein, nein! Keinenfalls! Sie dürfen ihn nicht erzücnen und ih — i< muß allein ſein.“ Damit war ſie weggegangen und jeht erſt fam die ganze Scene in ihrer vollen Niederträchtigkeit ihr zum Bewußtſein. Jhr ſitt= licher Ruf angetaſtet! Und das ſollte in ihr Zeugniß! Leichtfertig! Nicht treu im Dienſt! Ganz gebrochen kant ſie nah Hauſe.

„Jh bin entlaſſen, Mutter, und Herr Reinert war elend genug, mi noch obendrein zu verdächtigen — dieſer Lißenſtückchen halber, Mutter, dieſer für ihn ganz un= brauchbaren Endchen wegen.“

Sie erzählte den Hergang. Die Paſtorin wax außer ſich. Solche Schändlichkeit. Aber Elſe beruhigte ſie dann ſelbſt wieder. Es hatte ihm Niemand vom Perſonal ge= glaubt. Auch brauchte man ja nux die Pußmacherinnen zu fragen. Und wenn ex das in ihr Zeugniß ſchrieb, ſo verklagte ſie ihn. O, ſie war ſo außer ſi< vor Zorn! Aber ſie wollte abwarten. „Mama hat ohnehin Kummer genug um mich,“ dachte ſie. Die Mutter begriſf Elſes Stimmung, aber ſie tröſtete doch.

„Aergere Dich nicht ſo, Du bekommſt morgen eine