Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

Novelle von L. Haidheim. 163

im Styl eines Rührſtü>s behandelte, erzählte ferner, daß die junge Dame, wegen Diebſtahls beſtraft, dies unter Zeugeneid verleugnet habe, daß die nichts ahnende Paſtorin von einem Schlaganfall getroffen niedergeſunken ſei, als man ihre Tochter in das Gefängniß abgeführt habe, daß der einzige Bruder des jungen Mädchens, ein hoffnungs= voller junger Gelehrter, im Ausland ſei, und daß die Fa= milie bis dahin für durchaus ehrenhaft gegolten habe.

Vor dem Schwurgericht ihrer Heimathſtadt wurde kurze Zeit darauf die Sache Elſe's verhandelt, wurde ſie abgeurtheilt. Der Vertheidiger Elſe’s war ein junger, talentvoller Advokat, der ſi freiwillig erboten hatte, die Sache der Schweſter ſeines beklagenswerthen Freundes zu führen. Elſe hatte eingewilligt, wie ſie jezt Alles über fih exgehen ließ. Marmorblaß, mit unheimlicher Ruhe hatte ſie ihren verzweifelnden Bruder wieder geſehen, hatte ſie ver= nommen, daß die Mutter in der Geneſung ſei, ſeit Doktor Bogtner,, ihr Vertheidiger, der Kranken dargelegt wie Elſe nur durch die niederträchtigſte Bosheit in dieſes Un= glüd gerathen. Dem warmherzigen jungen Advokaten ge= lang eê, mit Otto's Hilfe jedes Fädchen in dem ſo leicht geſponnenen und doh ſo unzerreißbaren Nes klar zu legen. Otto hatte, jede Rüäſicht außer Augen ſebend, die eben angetretene Stelle verlaſſen, als ihn Vogtner zurücrief, Die ganze Tiefe des Unglücks exfuhr ex erſt am Bette ſeiner Mutter. Ex eilte zu Elſe. Ex und Bogtner ſprachen ihr von einer Zukunft, die glülicher ſein würde; ſie wollten fortziehen, fagte der Bruder,