Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

Novelle von L. Hatdheim. 167

welches ihm ſonſt Gewohnheit geweſen wax; freilich zeigte er fi den Käuferinnen in ſeinem Laden höflicher und ver= bindlicher als je, und ſprach von Anfeindungen und Verleum= dungen mißgünſtigex Konkurrenten, wenn etwa einmal eine abſichtliche oder unbeabſichtigte Anſpielung auf die Vor= gänge der lebten Zeit fiel; aber er war denno< niht der Alte mehr. Er wußte zu genau, daß ſein Name und ſein Charakter in der Achtung ſeiner Mitbürger einen ſchweren, vielleicht unheilbaren Stoß exlitten hatten, und wenn ex e3 niht gewußt hätte, ſeine ſonſt ſo fügſam ergebene Frau hätte es ihm geſagt.

Was hatte dieſe brave, vortrefſliche Frau gelitten, ſeit ſie, aus Jtalien zurü>fommend, dur< ihre Verwandten, ihre Kinder, die Zeitung, und aus all’ deu tauſend anderen Quellen exfuhr, wie thr Gatte gegen Elſe gehandelt, gegen das Mädchen, welches Georg von ganzer Seele liebte, und welches nie aufgeben zu wollen er ihr no< einmal an dem Tage ſ{<wor, wo er ſi< gegen ihren und des Vaters Willen in Genua von ihr trennte.

„Jh will dem Vater und Dir zeigen, daß ih auf eigenen Füßen ſtehen kann und das Recht habe, mir mein Weib ſelbſt zu wählen!“ ſagte er ihr, no<h immer ohne Ahnung davon, daß ſein Vater Elſe auf die Anklagebank gebracht. Und wie hätte die Mutter wagen dürfen, es ihm zu ſagen? Er wäre nicht einen Tag mehr bei ihr geblieben! Auch hatte Frau Reinert ſ{<hon damals das unbehagliche Gefühl, daß ihr Mann zu weit gegangen ſei, ohne im Entfernteſten daran zu denken, welches Unheil ihr Brief an ihn damals heraufbeſchwox.