Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

170 Wegen Meineids.

willen ihr ganzes Leben2glüd zerſtört ſah. Jedes Jauchzen ſpielender Kinder war thr eine Qual; die Kinder freuten ſich der Freiheit, und das arme junge Mädchen ſaß gefangen!

Sie wax in threx ſtillen, tiefen Betrübniß ſelbſt zu dem Gefangenwärter gegangen, um nah Elſe ſi< zu erz kundigen. Von Elſe Mühlbrandt ſpra<h der Mann bei= nahe mitleidig: „Sie ſißt immer allein und näht und näht, es iſt kaum zu begreifen, wie ſie es aushält! Aber ſehen will ſie Keinen, niht Mutter, noh Bruder, und nur vox Einem fürchtet ſie ſich, das iſt das Ende ihrer Straf= zeit! Sie ſagt das niht, aber man merkt ſo was bald, die nimmt es ſ{<wer genug, ſie mag gar nicht tvieder heraus, ſo ſchämt fie ſih.“ —

Dies Ende der Strafzeit war in drei oder vier Tagen da.

Frau Reinert ſaß allein in ihrer Stube, die Kinder waren zu Bett, ihr Mann im Club, wo ex jebt oft bis in die tiefe Nacht hinein blieb. Da war es ihr, als hôre ſie Schritte draußen im Gange, leiſe, vorſichtige Schritte. Da, vor ihrer Thüre! Was war das?

Crſchre>t ſprang ſie empor; die Thüre öffnete ſich, ſie ſchrie laut auf.

„Georg, Georg! Um Gottes willen, wie ſiehſt Du aus? Und Herr Neurath? Was iſt? Jt ein Unglüd geſchehen? Mein Mann —?“

„Jhr Mann ſißt ganz vergnüglih beim Skat, liebe Frau, und hier iſt Georg, Fhr braver Junge und meiner Fanny Freund! Ja, ja, es iſt eine wunderliche Welt! Statt Hochzeit mit einander zu machen, die Narrenköpfe, ſchwören ſie ſi<h Freundſchaft!“