Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

172 Wegen Meineids.

wind und Regen die leßten Bande des Winters von der Erde nehmen, hielt vor dem Gefängnißthore eine geſ<hloſſene Droſchke. Ein Herr und eine tief verſchleierte Dame ver= ließen das Gebäude, der Herr öffnete den Wagen und die Dame ſtieg ein; ex folgte.

„Wir fahren noch dieſe Nacht, Clſe, iſt Dix das re<t ?” ſagte Otto Mühlbrandt, die Hand der Schweſter haltend, dieſe ſchlanke, heiße Hand.

„Je eher, deſto lieber!“ ſeufzte ſie matt, und im Schein der Straßenlaterne ſah er in ihre krankhaft großen trau= rigen Augen.

„Jn unſere alte Wohnung führe ih Dich auh nicht, Elſe.“

„Gut, Otto! J<h mag auh nichts Liebes wiederſehen.“

„Du mußt einen hübſchen, warmen Reiſe=Anzug anz ziehen, Kleine, ex liegt ſhon bereit.“

„Ja, Otto! J< danke. Du thuſt ſo viel für mi<h!“

„Und die Mutter erwartet Dich und noh Jemand.“

„Noch Jemand?“ fuhx fie exſhre>t auf.

„Ja, Elſe, meine Herzensſhweſter! Denn ſich’, die Neiſe nach Barcelona iſt weit, die Mutter kann nicht mit, da iſt Dir ein Beſchüßer, ein Freund noth.“

„Nach Spanien wollen wir? J< meinte nah New= York, Otto?“ Sie ſprach athemlos vor Herzklopfen und ihre Stimme klang angſtvoll, niht mehr ſo apathiſch.

„Aber Elſe, Du fragſt mi<h gar nicht, wer Dich bez gleiten wird ?“

Sie machte eine ungeſtüme Bewegung, als wolle ſie die Thüre aufreißen und fih aus dem Wagen ſtürzen.