Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

Novelle von L. Haidheim. 1

Elſes ſ<önes blondes Haar. Dann holte Otto den ſhon unterrichteten Prediger herbei, es war Alles in Ordnung, zwiſchen Blumen und Grün war ein Altar erbaut.

Wie Clſe zu Muthe war? Wie im Traum! Wie in einem Märchen !

Sie hatte ſo entſebli<h gebangt vor dem erſten Schritt in die Freiheit zurü>; nun überſchüttete man ſie mit Liebe, ließ ſie Alles thun, was ihr Herz beglü>te; ſie fonnte fi niht darein finden, daß auf einmal Alles ſo ganz anders fam, wie ſie gedacht.

Nur Eines wußte ſie und fühlte es deutlich: ſie wollte Georgs Frau werden, ihm folgen, wohin ex ſie führte! Die Ehrenerklärung, die in dieſem Schritte Georgs lag, und tvelche ſanktionirt wurde durch feiner Mutter Gegen= wart, war wie eine Erlöſung für ſie.

Eine Viertelſtunde ſpäter hieß ſie: Elſe Reinert. Und noch eine Stunde ſpäter brachten Georg's Mutter und Herr Neurath das neuvermählte Paar zur Bahn. Es war ſpät; den=noch erregte das Erſcheinen dex allgemein befannten Perſön= li<feiten im Warteſaal die Aufmerkſamkeit der Anweſenden.

Wer war die dicht verſchleierte junge Dame? Herx Neu=rath ſ<hwelgte in dem Genuß des Anbli>kes dieſer Neugier und ſpazierte, die Daumen im Aermelausſchnitt ſeiner Weſte, ſtolz und aufgebläht wie ein Puter auf und ab, indeß Frau Reinert die Hände Elſe's in den ihrigen hielt und leiſe flüſternd mit ihr ſprach.

„Georg hat Dir nux ein beſcheidenes Loos zu bieten, liebes Kind. Jhr werdet arbeiten und ſparen müſſen, abex hr habt Euch lieh: das iſt die Hauptſache.“