Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.
Roman von Georg Hartwig. : 65
darum anflehen, nur rufen Sie ihn! Schnell, ſ{nell, Dreyſing, bevor ex geht!“ Sie bebte an allen Gliedern.
Rathlos, welches Uebel hier das größere ſei: Verſagen oder Gewähren, ſtand er vor ihx. „Mein Kind, die Mücke, welche gewarnt in's Feuer fliegt, ſtirbt wie die ungewarnte. “
„Ja, das thut ſie vielleicht,“ rief Jrmengard, ihn von ſich drängend nah dem Ausgange hin, „aber den Warner trifft feine Schuld. Mein Gott, die Minuten eilen! Wenn er niht mehr da wäre! Laſſen Sie mich ſelber —“
Sie ſtürzte nah der Thüre, aber der alte Herr kam ihr zuvor. „Nun denn, Sie haben es ſo gewollt, Jrmengard, und, vielleicht iſt ein ſcharfex Schnitt erträglicher, als dieſe unau3geſeßte Selbſtquälerei. Jh gehe zu ihm ob er fommt, weiß i<h ni<t.“
„Sagen Sie ihm,“ flehte das aufgeregte junge Weib, ſeine beiden Hände an ihr laut flopfendes Herz drüctend, „daß, wenn er no< niht aufgehört hat, menſ<hli<h zu fühlen, ih ißn erwaxten darf, erwarten muß! Jh würde ſterben —“ i
Der Juſlizrath öffnete bereits die Thüre. „Mein ſeßter Freundſchaftsdienſt wird ſein, Zeugen von dieſer Unterredung fern zu halten. Faſſen Sie ſi<h und wägen Sie Jhre Worte!“ Ex verſchwand.
Sie blieb allein.
Jett erſt, da der entſcheidende Schritt geſchehen, kehrten Fuxcht und Zagen wieder. Sie trat an die Thüre und ſauſchte mit ſto>endem Athem und eilte dann ebenſo haſtig
Bibliothek. Jahrg. 1886. Bd, 1V. 5