Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.
74 Dex Talismau des Weibes.
„Das that ih wirkli<h!“ erwiederte ex ſeſt. „Du haſt es exrrathen !“
Sie ſah ihn mit weit geöffneten Augen ſtarr an. Wahrheit ruhte auf ſeiner Stirn, Wahrheit auf ſeinen feſt geſchloſſenen Lippen, Wahrheit, nichts als Wahrheit. Da zog lähmendes Grauen über Jrmengard's blüfßenden Körper wie ein Nachtfroſt, unter deſſen verderblichem Hauch alle ſtrebenden Keime vernichtet zur Erde ſinken. Es ivax, als öffne ſich dicht vor ihren Füßen eine ſ{<warze, gäh= nende Kluft, welche zu überſchreiten niht mehr möglich var, und aus dieſer Kluſt heraus tönten Hohn= und Spottgeſänge, gellende Ziſchlaute, die im Ohr unendlich ſchmerzten, bis zur Betäubung ſ{merzten. Meiſchi>'s Geſtalt, ſo nahe ihr, ſchien plößlih in weite, unabſehbare Fernen entrü>t, immer enger, immer dichter lagerten ſich vor ihren Augen finſtere Nebel, aus welchen nur Marga= rethens triumphirendes Antliß hervorleuchtete. Nacht war es. in ihr, Nacht über ihr!
Meiſchi>, nachfühlend, was in ihr vorging, ſah den Wechſel ihrer Geſichtsfarbe nicht ohne Beſorgniß. Zuleßt drang ein Ton über ihre Lippen, matt und doch ſo eigen= thümli<h ſchrillend, daß ihm vor dem Ausbruch dieſer verſteinerten Qual zu bangen begann. Hätte er vorher geahnt, daß Jrmengard mehr für ihn im Buſen trug, als Reue, nie würde ex in ein Wiederſehen gewilligt haben. Da ex es abex nun gethan, durfte er deshalb ſein ſchuld= loſes Weib daheim verleugnen? Sicher niht! Und doch fonnte Meiſchi>- es nicht hindern, daß ſeine Hand ſich tröſtend dex Faſſungsloſen entgegeuſh e>te.