Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1
64 Erſte Ordnung: Affen; erſte Familie: Shmalnaſen (Menſchenaffen).
ihn zu mix bringen und befragte ihn mit Hilfe eines Dolmetſch über die Sitten und Gewohnheiten der Affen. Dieſen Plan verfolgte ih unter den Belingi am Muni, unter Schikeni am Gabun und unter den Kommi am Fernandodaz. Ebenſo befragte ih auch die aus dem Jnneren ſtammenden Sklaven, welche von ihren Herren als Jäger verwendet wurden. Alle Nachrichten, welche ih empfing, habe ih verglichen und nur das behalten, welches dur<h das gleichlautende Zeugnis aller Jäger dieſer drei verſchiedenen Gegenden Fnneraſrikas beſtätigt wurde. Während der Schimpanſe in der Nachbarſchaft kleiner Steppen hauſt, ſcheint der Gorilla das düſtere Zwielicht der dichteſten Wälder zu lieben. Er läuft auf allen vieren, und man ſieht ihn zuweilen allein, zuweilen in Begleitung eines Weibchens und Jungen. Von den Bäumen bricht er ſih Zweige und Blätter, welche ſich in einer ihm erreichbaren Höhe über dem Boden befinden. Zuweilen erklettert er auh einen Baum, um deſſen Früchte zu genießen. Eine Grasart, — wahrſcheinlich iſt Amomum granum paradisìï, eine Scitaminee, gemeint — welche in feu<hten Buſhwäldern wächſt, liebt ex ſo, daß man ſein Vorkommen da, wo dieſes Gewächs vorhanden, faſt mit Sicherheit annehmen kann. Morgens und abends beſucht er die Pflanzungen der Dörfer, frißt Piſang und Zuckerrohr und läßt ſeinen kläglihen Schrei vernehmen. Nachts erwählt er ſih einen Baum, um auf ihm zu ſ<hlafen. Wenn das Weibchen trächtig iſt, baut das Männchen, meiſt in einer Höhe von 5—8 m über dem Boden, ein Neſt, d. h. ein bloßes Lager aus tro>enen Ste>en und Zweigen, welche es mit den Händen zuſammenſ<hleppt. Hier bringt das Weibchen ſein Junges zur Welt und verläßt dann das Neſt. Während der Brunſtzeit (?) kämpfen die Männchen um ihre Weibchen. Ein glaubwürdiger Zeuge ſah zwei von ihnen im Kampfe; einer war viel größer als der andere, und der kleinere wurde getötet. Aus dieſer Thatſache ſcheint mir hervorzugehen, daß die Gorillas in Vielehigkeit leben wie andere Tiere, welche um die Weibchen kämpfen. Das gewöhnliche Geſchrei des Gorillas iſt kläglich, das Wutgeſchrei dagegen ein ſcharfes, rauhes Bellen, ähnlih dem Gebrülle eines Tigers.
„Entſprechend der Neigung der Neger, alles zu übertreiben, hörte ih anfänglich die verſchiedenſten Geſchichten bezüglich der Wildheit des Gorillas. Als ih aber die wirklichen Jäger befragte, fand ich ſie, ſoweit ih zu urteilen vermochte, wie alle mutigen Leute beſcheiden und eher ſhweigſam als geſhwäßig. Jhre Mitteilungen über die Wildheit der Afffen reichen kaum bis an die Erzählungen von Savage und Ford heran. Sie leugnen, daß der Gorilla, ohne gereizt zu ſein, den Menſchen ſtets angreife. „Laßt ihn in Frieden“, ſagen ſie, „und er läßt eu< in Frieden.“ Wenn er aber beim Freſſen oder im Schlafe plöblich überraſht wird, dreht ex ſich in einem Halbkreiſe herum, heftet ſeine Augen feſt auf den Mann und ſtößt einen unwillig klagenden Schrei aus. Verſagt das Gewehr des Jägers, oder wird der Affe nur verwundet, ſo läuft er zuweilen davon; man<hmal aber ſtürzt er ſich mit wütendem Blicke, herunterhängender Lippe und nah vorn überfallendem Haarſchopfe auf den Gegner. Es ſcheint niht, daß er ſehr behend ſei; denn die Jäger entfommen ihm häufig. Ex greift ſtets auf allen vieren an, pa>t den betreffenden Gegenſtand, reißt ihn in ſeinen Mund und beißt ihn. Die Geſchichte vom Zuſammenbeißen des Gewehrlaufes wird allgemein erzählt, iſt aber durhaus niht wunderbar, weil die billigen Gewehre aus Birmingham von jedem ſtarkkieferigen Tiere zuſammengequetſcht werden dürften. Von den verſchiedenſten Seiten hex hörte ih erzählen, daß Leute dur<h den Gorilla getötet worden ſeien; immer aber fand ih, daß ſolche Erzählungen auf Überlieferungen ſi< gründeten. Der Jäger, welcher mi in den Waldungen von Ngumbi führte, wurde einſt von einem Gorilla verwundet. Seine Hand war vollſtändg verkrüppelt und die Narben der Zahnwunden am Gelenke no< ſihtbar. Jhn forderte ih auf, mir genau die Art und Weiſe des Angriffes eines Gorillas zu zeigen. Jh ſtellte den Jäger vor, er den Gorilla. Er nahm cine gebü>te Stellung an, und ih that, als ob i< ihn ſchießen wollte. Nun fam er auf