Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Schimpanſe: Gebaren des geſunden und kranken. 89

Thee und Kaffee liebt er ſehr, den erſteren ſtark verſüßt und mit etwas Num gewürzt, wie er überhaupt alles genießt, was auf den Tiſch kommt, und ſih auch an Getränken, namentli an Vier, gütlich thut. Beim Eſſen ſtellt er ſich auf das Sofa, ſtüßt beide Hände auf den Tiſch oder legt ſich mit dem einen Arme auf, nimmt mit der einen Hand die Obertaſſe von der unteren, {lürft mit Behagen den flüſſigen Fnhalt und geht dann erſt zu den eingebro>ten Brotſtü>kchen über. Soweit er dieſe exlangen kann, zieht ex ſie mit den Lippen an ſih; geht es auf die Neige, ſo bedient er ſich, da ihm unterſagt iſt, mit den Händen zuzulangen, des Löffels mit Geſhi>. Während des Eſſens zeigt er ſih aufmerkſam auf alles, was vorgeht, und ſeine Augen ſind ununterbrochen nach allen Seiten gerichtet. Wie andere junge Tiere ſeiner Art hat er zuweilen natürlih zu erklärende Gelüſte, ißt z. BV. eine größere Menge Salz, ein Stück Kreide, eine Handvoll Erde; niemals aber habe ih an ihm die abſcheuliche Unart, den eigenen Kot zu verſchlingen, bemerkt, wie ſolches an Affen, einſchließli<h ſeiner Art- und Sippſchaftsgenoſſen, und ebenſo zuweilen an Menſchenkindern beoba<htet worden iſt. Der innige Umgang mit ernſt und verſtändig erziehenden Menſchen hat ſeine Sitten auch in dieſer Hinſicht veredelt und vielleicht vorhanden geweſene häßliche Gelüſte im Keime erſti>t.

Nachdem er geſpeiſt, will er ſich in ſeiner Häuslichkeit noh ein wenig vergnügen, jedenfalls no< nit zu Bette gehen. Er holt ſih ein Stück Holz vom Ofen oder zieht die Hausſchuhe ſeines Pflegers über die Hände und rutſcht ſo im Zimmer umher, nimmt ein Handoder Taſchentuch, hängt ſih dasſelbe um oder wiſcht und ſcheuert das Zimmer damit. Steuern, Pußen, Wiſchen ſind Lieblingsbeſchäftigungen von ihm, und wenn er einmal ein Tuch gepa>t hat, läßt er nux ungern es ſich wieder nehmen. Anfangs fehr unreinlich, hat er ſi bald daran gewöhnt, ſeinen Käfig, das Zimmer und das Bett niht mehr zu be: \{mugten; und wenn er einmal das Mißgeſchi> hat, in Shmuß zu treten, zeigt er ſih fehr verdrießlih, gebärdet ſich genau wie ein Menſch in gleichem Falle, betrachtet mit entſchiedenem Efel den Fuß, hält ihn ſoweit als mögli von ſih, ſchüttelt ihn ab und nimmt dann eine Handvoll Heu, um ſih damit zu reinigen. Ja, es iſt bemerkt worden, daß er lebteres, nachdem es Dienſte gethan, zur Thür ſeines Käfigs hinauswarf.

Sobald das Lihht ausgelöſcht wird, legt er ſih zu Bette, weil er ſih im Dunkeln fürchtet. Er ſchläft ruhig die Nacht hindurh, ſtre>t und re>t ſi aber mitunter, namentlich wenn es ihm zu kalt oder zu warm wird. Jn ſhwülen Sommernächten ruht er langgeſtre>t auf dem Rücken, beide Hände gleicſeitig unter den Kopf geſte>t; im Winter hingegen liegt er mehr zuſammengekauert. Mit Tageshelle ermuntert er ſih und iſt von nun an wieder ſo rege als tags vorher.

Mit anderen Tieren pflegt er wenig Umgang. Größere fürchtet, kleine mißachtet er. Ein Kaninchen, welches ihm zum Spielen beigegeben wurde, mißhandelte er ebenſo wie das erwähnte Weibchen das zu ihm geſeßte Männchen der eigenen Art. Vögel laſſen ihn gleihgültig, falls ſie niht in beſonders naher Beziehung zu ſeinem Gebieter ſtehen und dadurch ſeine Teilnahme erregen. Jn ſeinem Zimmer befindet ſi<h ein Graupapagei, mit wel<hen er ſich ſtets zu ſchaffen macht. So furchtſam er ſelbſt iſt, ſo kann er es doh niht unterlaſſen, dieſen zu ängſtigen. Leiſe {hleiht er an den Bauer heran, hebt plößlich eine Hand ho< und thut, als ob er ſeinen Gefährten erſhre>en wolle. Dieſer aber iſt viel zu ſehr an ihn gewöhnt, als daß er ſi<h fürchten ſollte, und hat für den Schimpanſen ergöglicherweiſe nux ein verbietendes „Pſſt! P!“/ welches er ſeinem Herrn abgelauſcht, zur Antwort. Vor Schlangen und anderen Kriechtieren ſowie vor Lurchen hat er eine lächerlihe Furht. Schon ihr Anbli> verurſaht ihm Entſezen. Zeige ih ihm Krokodile, ſo ruft er halb ängſtlich, halb ärgerli<h „Oh! Oh!“ und ſu<ht ſih ſ{<hleunigſt zu entfernen; laſſe ih ihn Schlangen dur eine Glasſcheibe betraten, ſo ſtößt er denſelben Ruf aus, verſucht aber nur