Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1
Ovang-Utan: Früheſte Berichte. 93
faſt, daß man noch von Tieren redet; aus den Affen werden beinahe wilde Menſchen. Ubertreibungen jeder Art verwirren die erſten Angaben und entſtellen die Wahrheit. Bontius, ein Arzt, welcher um die Mitte des 17. Jahrhunderts auf Java lebte, ſpricht wieder einmal aus eigener Anſchauung. Er ſagt, daß er den Waldmenſchen einigemal geſehen habe und zwar ebenſowohl Männer als Weiber. Sie gingen öfters aufre<ht und gebärdeten ſich ganz wie andere Menſchen. Bewunderungswürdig wäre ein Weibchen geweſen. Es habe ſich geſhämt, wenn es unbekannte Menſchen betrachtet hätten, und niht nur das Geſicht, ſondern auh ſeine Blöße mit den Händen bede>t; es habe geſeufzt, Thränen vergoſſen und
Oranug-Utan.
alle menſhlihen Handlungen ſo ausgeübt, daß ihm nur die Sprache gefehlt habe, um 1wie ein Menſch zu ſein. Die Favaner behaupten, daß die Affen wohl reden könnten, wenn ſie nur wollten, es jedoch nicht thäten, weil ſie fürchteten, arbeiten zu müſſen. Daß die Waldmenſchen aus der Vermiſchung von Affen und indianiſchen Weibern entſtänden, ſei ganz ſicher. Schouten bereichert dieſe Erzählung durch einige Entführungsgeſchihten, in denen Waldmenſchen der angreifende, malayiſche Mädchen aber der leidende Teil ſind. Es verſteht ſih faſt von ſelbſt, daß die Drang-Utans nach allen dieſen Erzählungen aufrecht auf den Hinterfüßen gehen, obwohl hinzugefügt wird, „daß ſie au< auf allen vier Beinen laufen könnten“. Eigentlih ſind die Reiſebeſchreiber an den Übertreibungen, welche ſie auftiſchen, unſchuldig; denn ſie geben bloß die Erzählungen der Eingeborenen wieder. Dieſe wußten ſih natürli die Teilnahme der Europäer für unſere Affen zu nuße zu machen, weil ſie ihnen ſolhe verkaufen wollten und deshalb ihre Ware nah Kräften prieſen, niht mehr und nicht minder, als es Tierſchauſteller bei uns zu Lande auch heute noh thun.