Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1
648 Vierte Dronung: Raubtiere; dritte Familie: Marder.
Stubbenkammer auf Nügen am hellen, lihten Tage begegnet; ſolche Tagesausflüge gehören jedoch zu den Ausnahmen. „Von einem Jäger“, berichtet T\<udi, „dem das ſeltene Glück zu teil ward, einen Dachs im Freien ungeſtört längere Zeit beobachten zu können erhalten wir anziehende Mitteilungen. Er beſuchte wiederholt einen Dachsbau, welcher, am Nande einer Shlucht angelegt, von der entgegengeſeßten Seite dem freien Überblicke offen lag. Der Bau war ſtark befahren, der neu aufgeworfene Boden jedo< vor der Hauptröhre ſo eben und glatt wie eine Tenne und ſo feſtgetreten, daß nicht zu erkennen war, ob er Junge enthalte. Als der Wind günſtiger war, ſ{li< ſih dec Jäger von der entgegengeſetten Seite in die Nähe des Baues und erbli>te bald einen alten Dachs, welcher griesgrämig, in eigener Langweiligkeit verloren, daſaß, doh ſonſt, wie es ſchien, ſih re<t behaglich fühlte in den warmen Strahlen. Dies war nicht ein Zufall: der Jäger ſah das Tier, ſo oft ec an hellen Tagen den Bau beobachtete, in der Sonne liegen. Fn Wohlſeligkeit und Nichtsthun brachte es die Zeit hin. Bald ſaß es da, gu>te ernſthaft ringsum, betrachtete dann einzelne Gegenſtände genau und wiegte ſih endli<h nah Art der Bären auf den vorderen Branten gemächlih hin und her. So große Behaglichkeit unterbrachen jedoch plößlich blutdürſtige Schmaroßer, welche es mit außergewöhnlicher Haſt mit Nagel und Zahn ſofort zur Nechenſchaft zog. Endlich zuſrieden mit dem Erfolge des Strafgerichtes gab der Dachs mit erhöhtem Behagen in der bequemſten Lage ſih der Sonne preis, indem er ihr bald den breiten Rü>ken, bald den wohlgenährten Wanſt zuwandte. “Lange dauerte aber dieſer Zeitvertreib auh niht; mit der Langenweile mochte ihm etwas in die Naſe kommen. Er hebt dieſe hoh, wendet ſih na<h allen Seiten, ohne etwas ausfindig zu machen. Doch ſcheint ihm Vorſicht ratſam, und er fährt zu Baue. Ein anderes Mal ſonnte er ſih wieder, trabte dann zur Abwechſelung einmal thalabwärts, um in ziemlicher Entfernung Raum zu ſchaffen für die Äſung der nächſten Nacht, kehrte ſogar, gemäß ſeiner gerühmten Vorſicht und Reinlichkeit, nohmals um und überwiſchte zu wiederholten Malen ſeine Loſung, damit ſie ja nicht zum Verräter werde. Auf dem Nü>wege nahm ex ſih Zeit, ſtach hier und da einmal, ohne jedo< beim Weiden ſih aufzuhalten, trieb dann no< ein Weilchen den alten Zeitvertreib, und als allmählich der Bäume Schlagſchatten die Szene überliefen, fuhr er nah ſehr ſhweren Mühen wieder zu Baue, wahrſcheinlih, um auf die no< ſhwereren der Nacht zum voraus noh ein bißchen zu ſ{lummern.“
Eigentümlich iſt die Art und Weiſe, wie er aus dem Baue und in denſelben fährt. „Sanz verſchieden vom Fuhſe“, ſagt Adolf Müller, „welcher raſh aus der Röhre hervorkommt und dann erſt ſichert, kündigt ſih dem aufmerkſamen Jäger die Ankunft des unterirdiſchen Geſellen erſt dur< ein dumpfes Gerumpel in der Röhre an: er ſchüttelt den Staub von ſeinem Felle. Dann rü>t er äußerſt vorſichtig mit dem halben Kopfe aus der Röhre, ſichert einen Augenbli> und taucht wieder unter. Dies wiederholt ſih oft mehrmals, bis der geheimnisvolle Bergbewohner ſih höher aus der Röhre heraushebt, einen Augenbli> noh mit Gehör und Naſe die Umgebung prüft und dann, gewöhnlich trottend, den Bau verläßt. Das Einfahren geſchieht in der Regel raſh und im Herbſte wegen ſeiner Beleibtheit unter vernehmbarem Keuchen, langſamer nux bei beſonders ſtillem Wetter und vollkommener Sicherheit, auffallend ſchnell dagegen, wenn es windig iſt.“ Nur junge Dachſe gehen in Geſellſchaft zur Nahrung aus, alte ſtets allein.
Zurx Zeit der Paarung lebt der Dachs mit ſeinem Weibchen geſellig, jedo<h immer nur in beſchränkter Weiſe; den ganzen übrigen Teil des Fahres bewohnt er für ſich allein einen Bau und hält weder mit ſeinem Weibchen noh mit anderen Tieren Freundſchaft. Fn alten, ausgedehnten Bauen drängt ſih ihm zwar der Fuchs nicht ſelten als Geſellſchafter auf; beide Tiere aber bekümmern ſi<h wenig umeinander, und der Fuchs hauſt ſodann regelmäßig în den oberen, der Dachs in den unteren Röhren und Keſſeln. Daß Reineke dur