Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1
Dachs: Daheim im Baue. Gang. Nahrung. 649
Abſeßen ſeiner Loſung den reinlichen Grimbart vertreibe, iſt eine von neueren Beobachtern widerlegte Fägerfabel.
Die Bewegungen des Dachſes ſind langſam und träge; der Gang erſcheint ſ{hleppend und ſhwerfällig; niht einmal der ſhnellſte Lauf iſt fördernd: man behauptet, daß ein guter Fußgänger Grimbart einholen könne. Das Tier macht einen eigentümlichen Eindru>. Anfänglih meint man, eher ein Schwein vor ſih zu ſehen als ein Raubtier, und ih meine, daß ſchon eine gewiſſe Vertrautheit mit ſeiner Geſtalt und ſeinem Weſen dazu gehört, wenn man ihn überhaupt erkennen will. An das Schwein erinnert auch ſeine grunzende Stimme.
Seine Nahrung beſteht im Frühjahre und Sommer vorzüglih aus Wurzeln, Kerbtieren aller Art, Schne>en und Regenwürmern, gelegentlich aber auch aus jungen Haſen, Vogeleiern und jungen Vögeln. Die Regenwürmer bohrt er mit den ſcharfen, langen Nägeln ſeiner Vorderpfoten aus ihrem Verſte>e ſehr geſchi>t heraus, und derſelben Werkzeuge bedient er ſi beim Aufſuhen von Larven des Maikäfers und ſonſtiger ſhädlicher Kerbtiere, welche auf Ä>ern, Wieſen und anderem Gelände unter der Erde leben. Bei Erbeutung der leßteren ſtiht ex aber niht, wie der Jäger ſagt, d. h. macht nicht trihterförmige, 3—5 cm tiefe und halb ſo weite Löcher wie beim Erbeuten der Regenwürmer, ſondern wühlt öfters den Boden auf und wendet Kaupen um. Hier und da ſcharrt er ein Hummel- oder Weſpenneſt aus und frißt mit großem Behagen die larvenreichen und honigſüßen Waben, ohne ſih viel um die Stiche der exboſten Eigentümer zu kümmern; ſein rauher Pelz, die dike Schwarte und die darunter ſih befindende Fettſchicht hüten ihn auch vollſtändig vor den Stichen der Fmmen. Schne>en, möglicherweiſe au<h Raupen, Schmetterlinge und dergleichen ſucht ex, wie von Biſchofshauſen beobachten konnte, von den Bäumen ab. Genannter Weidmann ſah zu ſeiner niht geringen Überraſchung an einem ſ{<önen Sommerabende eine Dachsfamilie von fünf Stü>k welche auf einem Shlage in ſihtliher Eile, um einander zuvorzukommen, von Baum zu Baum rannten, mit den Vorderläufen, ſo hoch ſie reichen konnten, daran hinaufkletterten und ſo, auf den Hinterfüßen ſtehend, jeden Stamm umkreiſten. „Sie kamen“, erzählt der Beobachter, „mir dabei ſehr nahe und waren in ihrem Geſchäfte ſo eifrig, daß ſie meine Anweſenheit nurx inſofern beachteten, als ſie wenigſtens an dem Baume, an welchem ih ſtand, keine Kletterverſuhe machten, ſondern, mich eine Sekunde neugierig betrachtend, zum nächſten Baume gingen. Was aber trieben ſie überhaupt an den Bäumen? Zuerſt glaubte ih, ſie tränken das in den Baumrinnen herabfließende Regenwaſſer ; dazu aber verweilten ſie zu kurze Zeit auf einer Stelle und drehten ih zu ſhnell um den ganzen Stamm herum. Später, als ih nahe genug war, ſah i< nun allerdings deutlich, daß ſie nicht tranken, bemerkte vielmehr, wie einer von ihnen eine am Baume ſigende kleine Shne>e ſamt dem Gehäuſe verſhlang. Gleichzeitig fielen infolge des Regens öfters Shne>enhäuſer vom Baume, unter welchem ich ſtand; ungeachtet aller Aufmerkſamkeit konnte ih jedoch nicht entde>en, daß auch nur einer den Verſuch gemacht hätte, ſolche aufzuleſen. Sie ſchienen bloß darauf verſeſſen, ſih an den Stämmen aufzurichten, und zwar unbekümmert, ob dasſelbe eben vorher ſ{<hon von einem anderen Dachſe an dem gleihen Baume bereits geſchehen war oder niht. Fhr Geſchäft wurde von allen unter beſtändigem Gemurmel ausgeführt, welches in der Nähe wie ein dumpfes knurrendes „Bruno Bruno‘ ſi< anhörte.“ Solches Treiben hat Pechuel-Loeſche ebenfalls beobachtet und zwar einmal am Spätnachmittage an Kiefern, die auf dem Baue ſelbſt ſtanden. Jhm ſchien es jedo<h nur Spielerei zu ſein: die über halbwüchſigen Fungen umtanzten gleichſam die Stämme und zerkraßten dabei luſtig die Borte.
Im Herbſte verſpeiſt Grimbart ni<t Bucheln, Eicheln 2c., wohl aber abgefallenes Obſt aller Art, Möhren und Rüben; kleinere Säugetiere, Feldmäuſe, Maulwürfe 2c., werden auh niht ver<mäht, ja ſelbſt Eidechſen, Fröſche und Schlangen munden ihm. Jn den Weinbergen richtet ex unter Umſtänden Verwüſtungen an, drückt die traubenſhweren