Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2
Feldhaſe: Allgemeines. 621
Heer von Feinden dem ſhma>haſten Wildbret nat, in jedem Erdteile andere, aber in jedem glei viele. Für unſer Deutſchland hat Wildungen die Feinde in einem luſtigen Reim zuſammenaeſtellt, den ih hiermit als beſten Beweis der Menge anführen will:
„Menſchen, Hunde, Wölfe, Lüchſe
Katen, Marder, Wieſel, Füchſe,
Adler, Uhu, Raben, Krähen,
Jeder Habicht, den wir ſehen,
Elſtern auch nicht zu vergeſſen,
Alles, alles will ihn — freſſen.“
Kein Wundex, daß bei einer ſolchen Maſſe von Feinden die Haſen ſih niht fo vermehren, wie es ſonſt geſchehen würde — ein Glü> für uns, daß dem ſo iſt; denn ſonſt würden ſie unſere Feldfrüchte rein auffreſſen. Jn allen Gegenden, wo ſie ſtark überhaudnehmen, werden ſie ohnehin zur Landplage.
Die Kennzeichen der Haſen (Lepus) liegen in den kopflangen Ohren, den verkürzten Daumen dex Vorderpfoten, den ſehr langen Hinterbeinen, dem aufgerihteten Schwanzſtummel und den 6 Ba>tenzähnen in der Oberkieferveihe.
Lampe, der Feldhaſe (Lepus vulgaris, enropaeus, campicola, caspius, aquilonius, medius, fälſhlih au< L. timidus genannt), ein derber Nager von 75 cm Geſamtlänge, wovon nur 8 ecm auf den Shwanz kommen, und 30 cm Höhe, iſt einer der beiden bei uns heimiſchen Vertreter dieſer Gattung. Er erreicht ein Gewicht von etwa 5—6 ks, in ſeltenen Fällen ſoll ein alter Rammler auch 7 und 8, ja 9 kg {wer werden. Die Färbung des Balges iſt mit wenigen Worten nicht leicht zu beſchreiben. Der Pelz beſteht aus kurzen Wollenund langen Grannenhaaren; erſtere ſtehen ſehr dicht und ſind ſtark gekräuſelt, die Grannen ſtark lang und auch etwas gefräuſelt. Das Unterhaar iſt auf der Unterſeite der Kehle rein weiß, an den Seiten weiß, auf der Oberſeite weiß mit ſ{<hwarzbraunen Enden, auf dem Oberhalſe dunkelrot, im Genie an der Spige weiß, das Oberhaar der Oberſeite grau am Grunde, am Ende braunſchwarz, roſtgelb geringelt; doch finden ſi<h auch viele ganz ſhwarze Haare darunter. Hierdur< erhält der Pelz eine e<te Erdfarbe. Er iſt auf der Oberſeite braungelb mit ſ{<warzer Sprenkelung, am Halſe gelbbraun, weißlih überlaufen, nah hinten weißgrau, an der Unterſeite weiß. Nun ändert die Färbung au< im Sommer und Wintex regelmäßig ab, und die Häſin ſieht röter aus als der Haſe; es kommen verſchiedene Abänderungen, dunkle, geſche>te, weiße Haſen vor, kurz, die Färbung kann eine ſehr mannigfache ſein. Meiſtens aber iſt ſie vortrefflich geeignet, unſeren Nager, wenn er auf der Erde ruht, den Blicfen ſeiner Gegner zu entrü>en. Schon in einer geringen Entfernung ähnelt die Geſamtfärbung der Umgebung ſo, daß man den Balg nicht von der Erde unterſcheiden fann. Die Sohlen der Füße ſind dicht und weih behaart. Die jungen Haſen zeichnen ih häufig dur< den ſogenannten Stern oder eine Bleſſe auf der Stirn aus; in ſeltenen Fällen tragen ſie dieſe Färbung auch in ein höheres Alter hinüber.
Lampe führt mehrere Namen, je na<h Geſchlecht und Vorkommen. Man unterſcheidet Berg- und Feldhaſen, Wald- oder Buſchhaſen, Grund-, Sumpf- und Moorhaſen, Sandhaſen 2c. Der alte männliche Haſe heißt Rammler, der weiblihe Häſin oder Saßhaſe; unter Halbwüchſigen verſteht man die Jungen, unter Dreiläufern die, welche drei Viertel ihrer vollkommenen Größe erreicht haben. Die Ohren heißen in der Weidmannsſprache Löffel, die Augen Seher, die Füße Läufe; das Haar wird Wolle, der Shwanz Blume, die Haut Balg genannt. Jm übrigen wendet man auf ſein Leben noch folgende