Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

4 Neunte Ordnung: Rüſſeltiere.

„Ausgewachſene Stoßzähne“, ſhreibt Weſtendarp, ſind gewöhnlich bis zu 2 m, ſelten bis 2,5 m lang, dabei 30—50 kg, ausnahmsweiſe 75—90 ks ſ{<hwer. Der ſ<werſte in letter Zeit nah Europa gebrachte Zahn wurde durch die Firma Heinr. Ad. Meyer an der Oſtküſte aufgekauft. Er war 2,60 m lang und wog 94 ks. Ebenſo wie über die Größe der Elefanten, finden ſi< au< über die Größe der Elefantenzähne ſelbſt in Fachſchriſten häufig falſche Angaben. So wird beiſpielsweiſe bei einer Beſprechung der Elfenbeinaltertümer des Britiſchen Muſeums geſagt, daß Elefantenzähne in alter Zeit viel größer geweſen ſein müßten, da Platten von 40,6 cm Länge und 14,5 cm Breite, die damals zur Ausführung einzelner Arbeiten gedient, heute niht mehr vorkämen. Dieſe Behauptung iſt unrichtig, denn derartige Platten ſind noh heute nihts Ungewöhnliches und werden alljährlih in größeren Mengen geliefert. Der erwähnte, 94 kg wiegende Zahn hätte ſogar Platten von 20 em Breite und 76 cm Länge liefern können. Das \{werſte, vollſtändig fehlerfreie Paar Zähne wurde 1882 in Tete am Sambeſi eingetauſcht; es wog 1445 ks; jeder Zahn hatte eine Länge von 2,27 m, und der ſtärkſte Umfang in der Mitte des Zahnes betrug 06 m. Das ſchönſte und längſte Paar Elefantenzähne, welches je nah Europa gekommen iſt, befindet ſi< in meiner Sammlung; es wiegt 101 ks, iſt 2,57 m lang, vollſtändig fehlerfrei, ſtammt aus Uganda (Oſtafrika) und hat einen Elfenbeinwert von 3775 Mark.“ Übrigens bilden Zahnpaare von einiger Größe immer eine bemerkenswerte Seltenheit im Handel, weil die Waffen eines und desſelben Elefanten gewöhnlih niht miteinander zum Tauſche gebra<t werden. Hierbei mag vor allem der Umſtand mitwirken, daß beide Zähne eines Tieres in der Negel nicht im Beſiße des glü>lihen Jägers bleiben, da nah einem in vielen Gebieten Afrikas herrſchenden Fagdrechte der Zahn, mit welchem der getötete Elefant den Boden berührt, dem „Herrn der Erde“, dem Häuptlinge, abgeliefert werden muß.

Die Stoßzähne des aſiatiſchen Elefanten ſind viel kleiner als die des afrikaniſchen und werden nur ſelten über 1,6 m lang und bis 20 kg ſ<wer. Doch kommen ausnahmsweiſe Stü>e vor, die hinter denen des dunkeln Weltteiles niht allzuſehr zurückſtehen. Dex bekannte größte Zahn ſtammt von einem Elefanten, dex, weil ſein linker krank und abgebrochen wax, bloß dieſen einen geſunden trug und 1863 von Sir Victor Brooke und Douglas Hamilton im öſtlihen Maiſur erlegt wurde. Der geſunde Zahn hatte eine Länge von 2,4 m, einen größten Umfang von nahezu 0,413 m und ein Gewicht von 40,8 Kg; er ragte 1,75 m weit aus dem Kopfe hervor. Der linke kranke Zahn war 35 em vor dem Schädel abgebrochen; der Stummel maß noch 0,99 m in der Länge, hatte einen größten Umfang von 0,5 m und ein Gewicht von 222 kg. ö

Ein friſcher Zahn verliert übrigens dur< Austro>nen je nah Umſtänden bis etwa ein Zehntel und ſogar ein Neuntel ſeines urſprünglichen Gewichtes. |

Der aſiatiſche Elefant, in Jndien Gaj, Hati, Ani, in Varma Shanh, von den Singaleſen Allia und den Malayen Gadjah, im Sanskrit Haſti oder Gaja genannt (Elephas asíiaticus, E. indicus), welhen wir als Urbild ſeiner Gattung und Familie zu betrachten pflegen, iſt ein mächtiges, plumpes, vierſhrötiges Tier mit maſſigem, breitſtirnigem Haupte, kurzem Halſe, gewaltigem Leibe und ſäulenartigen Beinen. Sein Kopf, welcher faſt ſenkrecht gehalten wird, trägt weſentlich dazu bei, den überwältigenden Eindru>, welchen das rieſige Tier auf den Beſchauer ausübt, zu erhöhen. Gewaltig in ſeinen Verhältniſſen, erſcheint er bei aller Einfachheit der Formen reich gegliedert. Er iſ hoh, kurz und breit, ſeine Geſichtslinie faſt gerade, der Scheitel gekrönt dur zwei erhabene, auh nah vorn ſtark ſih herauswölbende Kuppeln, welche den höchſten Punkt des Tieres bilden und vorn am (Grunde durch eine wulſtige Leiſte verbunden werden. Leßtere ſeßt ſich jederſeits in Geſtalt eines unter ſtumpfem Winkel nah den Augenrändern laufenden Grates fort und