Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Allgemeines. 8

Außer durch die Zahl der Hufe, die Kopfform und die Anordnung der Schmelzplatten in den Ba>enzähnen unterſcheiden ſih aſiatiſhe von afrikaniſchen Elefanten noh dadurch, daß jene troß ihres mächtigeren Schädels verhältnismäßig kleine Dhren und ſhwache Stoßzähne, dieſe aber ſehr große Dhren und ſehr ſtarke Stoßzähne beſißen. Von der erſten Art haben außerdem die meiſten Weibchen überhaupt gar keine und wenige bloß ſtummelhafte, von der zweiten Art dagegen die meiſten Weibchen immer noch recht ſtattliche, obwohl durch: gehends ſ{<hwächere Stoßzähne als die Männchen. Übrigens mangeln auch vielen männlichen aſiatiſchen Elefanten die Stoßzähne; auf Ceylon iſt dies ſogar die Regel, da na<h Sir Samuel Baker erſt ein Stü>k unter 300 Elfenbein trägt. Auf dem Feſtlande kommen dieſe zahnloſen Männchen, „Mu>nas“ genannt, nicht ſo häufig vor, ſondern etwa im Verhältniſſe von 1:10. Von den vollbewehrten büßt mancher dur einen unglü>lihen Zufall zum Teil oder gänzlich ſeine Waffen ein; bei anderen aber entwi>elt ſih überhaupt bloß ein Zahn;z falls dies der rete iſ, wird ein ſolches Tier, laut Sanderſon, nah dem Gotte der Weisheit als „Guneſh“ bezeihnet und von den Hindus verehrt. Einzahnige Stücke ſind auch unter afrikaniſchen weiblichen Elefanten nihts weniger als ſelten, während ſie unter männlichen bloß ausnahmsweiſe vorkommen. Gelegentlich hört man in Afrika von Elefanten mit doppelten und dreifachen Stoßzähnen erzählen; Baines berichtet ſogar von einem, der ſüdlih vom Sambeſi ums Jahr 1856 erlegt wurde und 9 vollſtändig ausgebildete Stoßzähne, 5 im rechten, 4 im linken Kiefer, trug. Sie ſtanden hintereinander, waren teils regelrecht, teils ab- und rü>wärts gekrümmt; die zwei ſtärkſten Paare wogen je etwa 30 kg, die übrigen waren um vieles ſ{wäcer.

Je nach den Gebieten, in welchen die Elefanten heimiſch ſind, zeigen die Stoßzähne in Geſtalt, Beſchaffenheit und auh Farbe beſondere Eigentümlichkeiten die dur<hſhnittli<h ſo ausgeprägt hervortreten, daß es Elfenbeinkennern möglich iſt, bei der Prüfung aufgeſtapelter Zähne mit ziemlicher Sicherheit zu beſtimmen, aus welcher Gegend beliebige Stücke ſtammen. Laut brieflicher Mitteilung von W. Weſtendarp läßt ſih, wenn man die Mammutzähne als Grundform betrachtet, die Eigenart der Stoßzähne in den Hauptzügen etwa folgendermaßen angeben: Die Stoßzähne des Mammuts ſind faſt gleihmäßig ſehr voll und gewunden gewachſen, d. h. mit ſehr ſtarker Biegung nach oben und außen. Jhnen am nächſten ſtehen die nordindiſchen Zähne (Bengalen, Barma, Siam), die ebenfalls noh gleihmäßig voll gewachſen ſeitwärts jedo<h weniger ſtark gebogen ſind; den von Sumatra kommenden fehlt bereits gänzlih die Biegung nah außen. Von den afrikaniſchen ähneln den nordindiſchen am meiſten die plumpen und ſtark gebogenen abeſſiniſchen; je weiter entfernt von Abeſſinien nah Süden und Weſten die Herſtammungsgebiete liegen, deſto ſ{hlanker, gerader, verjüngter zulaufend ſind im allgemeinen die Stoßzähne geſtaltet. Dieſen Merkmalen entſprehende Abweichungen zeigen ſih au< in den Verhältniſſen der Höhlungen am Wurzelende. Die dur<ſchnittliche Länge der Höhlung beträgt beim Zahne des Mammuts !/s—!/5 bei dem des nordindiſchen Elefanten zumeiſt !/5—1/4 bei dem des abeſſiniſchen bereits !/¿—1/3 und bei dem der ſüdliheren Gebiete (Sambeſi) ſogar !/¿—!/2 der Geſamtlänge des Zahnes.

Die bekannten längſten Stoßzähne von jezt lebenden Elefantenarten ſtammen aus Afrika und zwar aus dem Seengebiete: aus deſſen mittlerem Teile beſißt Weſtend arp einen Zahn von 2,94 m Länge, und aus dem nördlichen Teile brachte Sir Samuel Baker einen Zahn heim, der, laut Sterndale, ſogar reihli< 3,27 m mißt. Dieſe Zähne ſind jedoch ſhlank und verhältnismäßig leiht, wie denn der zuerſt erwähnte bloß 44 kg wiegt. Jn früherer Zeit joll es Zähne von 120—130 kg und noh höherem Gewichte gegeben haben, doch iſt dies aus der Größe der in Sammlungen befindlihen, aus Elfenbein gearbeiteten Geräte und Kunſtwerke niht zu erweiſen. Selbſtverſtändlih müſſen rieſige Zähne ſeltener werden, je raſcher die alten Stücke aus Afrika hinweggeführt, je eifriger die Elefanten verfolgt werden.

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