Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3
6 Neunte Ordnung: Rüſſeltiere.
Richtungen fein gefaltet, in anderen, welche die Falten meiſt kreuzen, gerißt, weshalb ihre Oberfläche eigentümlich nebartig gerieft erſcheint; nur an der Bruſt verdien ſi dieſe Falten zu loſen, beweglichen, wammenartigen Wülſten. Jnfolge des gedachten Faltennezes vermißt man faum das faſt gänzlich fehlende Haarkleid, welches eigentlih nur dur ſehr vereinzelt am Körper, etwas dichter rings um die Augen, an den Lippen, am Unterkiefer auf dem Kinne und dem Hinterrücken ſtehende Haare angedeutet und einzig und allein an der Schwanzſpiße zu einer zweizeiligen dünnen Quaſte entwielt iſt. Die einzelnen Haare haben braune oder ſ{hwarze, die der Lippen weißliche, die naten Hautſtellen fahlgraue Färbung, welche jedo< am Nüſſel, Unterhalſe, der Bruſt und dem Bauche in Fleiſhrötlih übergeht und hier durch eine dichte, tropfenartige dunkle Fle>ung gezeichnet wird. Die Hufe ſind hornfarben.
Die Maße des Elefanten werden meiſt überſchäßt und oftmals unrichtig beſtimmt. Nach alter Jägerregel iſt der Umfang des Fußes doppelt genommen, glei<h der Schulterhöhe des Tieres, mit einem Spielraume von etwa 3—5 ecm. Bei den größten Männchen beträgt die Geſamtlänge von der Nüſſel- bis zur Schwanzſpige etwa 7 I, wovon rund 2 m auf den Nüſſel und bis 1,» m auf den Schwanz zu re<nen wären, und die Höhe am Widerriſte bis zu 9m. Größere Stücke dürften ſhwer zu finden ſein, und über 3,5 m hohe fommen überhaupt niht vor. Sanderſon (als ein ſeit einem halben Menſchenalter beſtellter Vorſteher des Elefantenfang-Betriebes in Jndien gewiß ein zuverläſſiger Gewährsmann) hat unter Hunderten von Elefanten die größten gemeſſen und die Schulterhöhe beſtimmt: bei den zwei ſtärkſten Männchen zu 3,0 m und 2,95 m und bei den zwei ſtärkſten Weibchen zu 257 m und 2,52 m. Auch in früheren Zeiten ſind die Tiere nicht ſtattlicher geweſen, wenigſtens hat Corſe zu Ende des vorigen Fahrhunderts keines gefunden, das über 3 m gemeſſen hätte, und unter einer Anzahl von 150 Stü> erreihten nur einige der ſtärkſten Männchen eine Schulterhöhe bis zu 2,9 m; ganz allein ſteht eine Angabe Sterndales aus neueſter Zeit: 9,22 m. Das Gewicht der ſtattlichſten Tiere mag 4000 ke, wohl auch darüber betragen.
Die Funder, unſtreitig die beſten Elefantenkenner, unterſcheiden na< Geſtalt und davon abhängiger Leiſtungsfähigkeit der Tiere drei Schläge die ſie Kumiria, Dwaſala und Mierga nennen. Der Kumiria iſt der vollkommenſte Elefant, ſchwer und ebenmäßig gebaut, mit geräumiger Bruſt, gewaltig im Rumpfe und Kopfe, mit geradem, flahem, nah hinten abfallendem Rücken, mit vollem, viere>ig geſchnittenem Hinterteile und maſſigen, verhältnismäßig kurzen Beinen, mit langem, aber nicht den Boden berührendem Schwanze und mit dier, viel gerunzelter und faltiger Haut. Sein Auge iſt voll, klar und anſprechend. Er ijt förperlih wie geiſtig ein edles Tier, zuverläſſig und furchtlos, ſtattlich und gemeſſen in der Bewegung, wie geſchaffen für königlihes Schaugepränge. Sein Gegenſaß iſt der Mierga: leicht und unfhön gebaut, langbeinig, kleinköpfig, ſhweinsäugig, mit gekrümmtem, ſteilem Nüken, engbrüſtig und vollbäuchig, mit ſchwachem, ſchlappem Nüſſel und dünner, leicht verlebbarer Haut. Nichts an ihm, weder Geſtalt no< Weſen, zeugt von edler Raſſe, denn ex iſt meiſt auh fur<tſam, beſonders ſhre>haft und deshalb unzuverläſſig; trozdem iſt auch er vet brauchbar, zumal er vermöge ſeiner langen Beine und ſeines verhältnismäßig leich: ten Baues ſchnell zu gehen vermag. Zwiſchen dieſem edelſten und gemeinſten Schlage hält der Dwaſala die Mitte und iſt zugleich am zahlreichſten vertreten. Nicht Menſchenkunſt zÜhlet dieſe drei ſo verſchiedenen Schläge, ſie finden ſih vielmehr in einer und derſelben wilden Herde, ſind alſo, wie wir nah allem annehmen dürfen, miteinander eng blutsverwandt. Nach unſerem Gewährsmanne trifft man allerdings nicht ſelten Herden, die bloß von Dwaſalas gebildet werden, niemals aber ſolche, die bloß aus Kumirias oder Miergas beſtehen; Vertreter dieſer beiden Schläge ſind vielmehr je zu 10—15 Stück aufs Hundert mit den Durchſchnittstieren vermiſcht.