Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3, str. 256
DDD Elfte Dronung: Paarzeher; dritte Familie: Horntiere.
und lang, an der Wurzel ſehr di>, erſt von der Mitte der Länge an allmählich verdünnt und zugeſpißt, ſein Querſchnitt dreie>ig, jede Seite in der Mitte mehr oder weniger deutlich eingebuchtet und die eine gegen die entſprechende des anderen Hornes,/ die zweite nah außen, die dritte nah innen gerichtet. Beide Hörner ſtoßen an der Wurzel faſt zuſammen, wenden ſih aber bald ſeitli<h voneinander und krümmen ſi in einer beinahe ſichelförmigen Windung ſchief nah ein-, aus- und abwärts mit der Spigze aber nach ab-, vor- und einwärts. Das rechte Horn iſt nach links, das linke nah re<ts gewunden; auf der Oberfläche erheben ſih von der Wurzel an bis faſt zur Spiße 30—40 Runzeln, welche diht aneinander gedrängt und mehr oder weniger unregelmäßig ſind. Das merklich kleinere Weibchen unterſcheidet ſih durc ſeine mehr ins Fahle ſpielende Färbung ſowie durc das Fehlen oder ſeltene Vorkommen des Gehörnes vom Boe; ſeine Hörner ſind, wenn überhaupt vorhanden, immer ſehr kurz, höchſtens 5—6 cm lang, ſtumpfen Pyramiden vergleichbar.
Jm Gegenſabße zum Mähnenſchafe lebt der Mufflon in Rudeln, deren Leitung ein alter und ſtarker Bo> übernimmt. Dieſe Rudel erwählen ſi<, laut Mimaut, die höhſten Berggipfel zu ihrem Aufenthalte und nehmen hier an ſ{hroffen und mehr oder weniger unzugänglichen Felſenwänden ihren Stand. Wie bei anderen geſellig lebenden Wiederkäuern halten ſtets einige Stü ſorgfältig Umſchau, ſtoßen bei Wahrnehmung eines verdächtigen Gegenſtandes einen Schre>ensruf aus und benachrichtigen dadurch die Genoſſen, welche daraufhin mit jenen ſofort flüchtig werden. Zur Paarungs3zeit trennen ſi die Nudel in kleine, aus einem Bo>ke und mehreren Schafen beſtehende Trupps, welche der leitende Widder erſt dur tapfere Kämpfe ſih erworben hat. So fur<tſam und ängſtlih der Mufflon ſonſt iſt, ſo kühn zeigt er ſih im Kampfe mit ſeinesgleihen. Fn den Monaten Dezember und Fanuar hört man das Klappern der aneinander geſtoßenen Gehörne im Gebirge widerhallen, und wenn man vorſihtig dem Schalle folgt, ſieht man die ſtarken Widder des Rudels geſenkten Kopfes ſih gegenüberſtehen und mit ſolcher Gewalt gegeneinander anrennen, daß man nicht begreift, wie die Streiter auf ihren Kampfpläßen ſi erhalten können. Nicht ſelten geſchieht es, daß einer der Nebenbuhler über die Felſenwände hinabgeſtoßen wird und in der Tiefe zerſchellt.
Das Schaf bringt im April oder Mai, 21 Wochen nach der Begattung, 1 oder 2 Junge zur Welt welche der Mutter ſhon na<h wenigen Tagen auf den halsbrechendſten Pfaden mit der größten Sicherheit folgen und ihr bald in allen Kunſtfertigkeiten gleichkommen. Jm Alter von 4 Monaten ſproſſen bei den jungen Bö>kchen die Hörner; nah Jahresfriſt denken ſie bereits an die Paarung, obwohl ſie erſt im dritten Fahre völlig ausgewachſen und mannbarx ſein dürften.
Die Bewegungen des Mufflons ſind lebhaft, gewandt, ſchnell und ſicher, aber niht eben ausdauernd, am wenigſten auf ebenem Boden. Seine Meiſterſchaft beruht im Klettern. Cetti ſagt, daß ex ſehr furhtſam ſei und bei dem geringſten Geräuſche vor Angſt und Schrecken am ganzen Leibe zittere, auh ſobald wie mögli flüchte. Wenn ihn ſeine Feinde ſo in die Enge treiben, daß er ſih niht mehr durch ſeine Kletterkünſte retten kann, harnt er vor Angſt oder ſpribt, wie andere glauben, den Harn ſeinen Feinden entgegen. Als ſolche darf man den Wolf und den Luchs anſehen; Funge fallen wohl auh den Adlern zur Beute.
Der Menſch gebraucht jedes Mittel, um das wertvolle Fagdtier zu erlangen. Während der Paarungszeit ſollen die Böke von den im Di>kicht verborgenen Jägern dur das nahgeahmte Blöken der Schafe herbeigezogen werden können; die gewöhnlihe Jagd iſt jedoch die Birſch, obgleih ſie nux in ſeltenen Fällen ein günſtiges Ergebnis liefert. Sie iſt, laut Graf Schmiſing-Kerſſenbrook, noh beſhwerliher als die Birſh auf Gemſen, weil die Mufflons ſehr ſharf äugen und wittern. Nicht ſelten ſieht man ſie auh gemeinſchaftlih äſen mit den ſeit ſehr langer Zeit verwilderten Ziegen, welche ebenfalls als gute Jagdbeute