Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3, str. 264

9230 Elfte Ordnung: Paarzeher; dritte Familie: Horntiere.

Verwandten ſcheint ſich der Katſchkar dadurch zu unterſcheiden, daß er aus\<ließli<h Berghöhen über der Holzgrenze bewohnt, nicht aber wie jene auch in tiefere Gelände hinabſteigt. Severzow bezeichnet ihn als das eigentliche Ho<hland- oder Pamirſchaf und betont ausdrüclich, daß eine über der Holzgrenze gelegene Hochebene unumgängliche Bedingung für ſein Vorkommen ſei. Höchſt wahrſcheinlich feſſeln ihn an ſeinen Stand die in jenen Hochebene1nr wachſenden würzigen und nahrhaften Alpenkräuter.

Abgeſehen von der Wahl ſeiner Aufenthaltsorte, welche ihn mit dem wilden Jaë, mehreren Gebirgsantilopen und unter Umſtänden mit dem Kulan zuſammenführen, lebt der Katſchkar im weſentlichen nah Art des Argalis. Prſhewalsfi traf im Winter Herden von 5—15, ausnahmsweiſe aber auh ſol<he von 25—80 Stü an. Jn jeder Herde befinden <h 2 oder 9 Vödte, von denen einer die Führung und Leitung der Schafe übernimmt. Lettere vertrauen der Wachſamkeit des Führers unbedingt; ſobald er zu laufen beginnt, ſtürzt die Herde ihm blindlings nah. Der Bo geht gewöhnlih voran, hält aber von Zeit zu Zeit an, um zu ſichern, und ebenſo thut die ganze Herde, drängt ſih jedoch dabei eng zuſammen und ſchaut ſcharf nah der Gegend, aus welcher Gefahr droht. Zu beſſerer Sicherung erſteigt der Bo von Zeit zu Zeit einen nahen Felſen oder Hügel. Hier nimmt er ſih prachtvoll aus, weil auf der Felſenſpiße ſeine ganze Geſtalt frei ſich zeigt und ſeine Bruſt im Strahle der Sonne glänzt wié friſchgefallener Schnee.

Jm den Morgenſtunden äſen die Katſchkare auf den Berggehängen oder in den Thälern: kaum aber hat die Soune ſi höher erhoben, ſo lagern ſie, um wiederzukäuen. Hierzu wählen ſie ſanft geneigte, gegen den Wind geſhüßte Berghänge, welche nach allen Richtungen freie Umſchau gewähren, und legen ſih, nachdem ſie den Boden aufgeſcharrt haben, in den Staub. Nuht die ganze Herde, ſo lagern die Böcke meiſt ein wenig abſeits, um im Ausſpähen nicht behindert zu werden; beſteht die Herde ausſchließli<h aus Böen, ihrer drei, höchſtens vier, ſo lagern ſie nebeneinander, wenden die Köpfe jedo< nach verſchiedenen Richtungen. Niemals vergeſſen ſie ſolche Vorſichtsmaßregeln zu treffen. :

Von den Mongolen erfuhr Prſhewalski, daß die Lammzeit in den Juni, die Bocßzeit dagegen in den Spätherbſt falle; dies ſtimmt mit den Erfahrungen Severzows übercin, wogegen Stoliczka, wahrſcheinlih fälſhli<, den Januar als Paarungszeit bezeichnet. Während dieſer Zeit kämpfen die Böcke auf Leben und Tod miteinander, und dieſen Kämpfen, nicht aber den Wölfen, ſchreibt Severzow die auffallende, an einzelnen Stellen gehäufte Menge von Schädeln zu, welche man findet. Wären es Wölfe, welche die Katſchkare niederriſſen, ſo würde man auh öfter Schädel von Weibchen und jungen Böcken finden, da dieſe leichter eine Beute der Wölfe werden als die alten Böke; aber man findet faſt nur Schädel von leßteren, und zwar von ſolchen, welche ein Alter von 4 Fahren haben, alſo mannbar und kampfluſtig ſind. Ebenſo findet man mehr Schädel von Böen mittleren Alters als von ganz alten Ne>en, obwohl auch die legteren nicht ſelten vorkommen. Die Schädel liegen nicht allenthalben verſtreut, ſondern ausſ<ließli<h am Fuße der ſteilen Felswände, und unter ihnen trifft man geeigneten Orts auch ſolche von den ſibiriſhen Steinböen an; es befinden ſich ferner über den ſteil abſtürzenden Felswänden, an deren Fuße die Schädel bleichen, regelmäßig flahe und mit Gras bewachſene Stellen, eben die bevorzugteſten Weideplätze unſerer Tiere: alſo läßt ſich annehmen, daß beſagte Weiden au< zu Kampfpläßen der Böcke dienen, von denen der Beſiegte, und mit ihm gelegentlih auh der Sieger, abſtürzt.

Die Jagd auf Katſchkare überhaupt wird von den eingeborenen Jägern im Tien-ſchan in eigentümliher Weiſe betrieben. Einem einzelnen Jäger, möge derſelbe auh noc ſo gewandt ſein, gelingt es ſelten, eines der Wildſchafe zu erlegen, weil dieſe nux in Ausnahmefällen auf den erſten Shuß zuſammenbrechen. Aus dieſem Grunde ziehen es Kirgiſen wie Koſaken vor, ſelbander zu jagen. Ausgerüſtet mit ſehr langen und ſhweren Büchſen, welche