Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3, str. 265

Katſchkar. Dickhornſchaf. 231

beim Feuern auf Gabeln ruhen, reiten ſie gemeinſchaftlih aus, erſpähen ihr Wild, ſhleihen ſih möglichſt gede> und unter dem Winde an dasſelbe hinan und geben ihren Schuß ab. Stürzt das Tier, ſo hat die Jagd ihr Ende erreicht; läuft es wie gewöhnlich weiter, ſo reitet einer der Jäger ihm ſo eilig wie möglih voraus, wogegen der andere ihm zu Pferde auf allen Winkelzügen folgt, aber auch dabei ſih möglichſt verſte>t hält, in der Hoffnung, unter Umſtänden ſeinerſeits zum Schuſſe zu kommen. Die erſtaunliche Lebenszähigkeit der Katſchfare erhöht die Schwierigkeiten der Jagd, weil ſie, ſelbſt mehrmals ſhwer verwundet, doh noch ſehr weit flüchten können. Dieſer Unempfindlichkeit gegen Wunden entſpricht die rieſige Körperkraft des Tieres.

Das Wildbret eines von Severzow erbeuteten jungen Katſchkarbo>kes hielt ungefähr die Mitte zwiſchen feiſtem Hammelfleiſche und Hirſchwildbret und wax äußerſt ſ<hmackhaft, das eines alten Boes keineswegs gut und mit einem unangenehmen Moſchusgeruche behaftet.

Außer dem Menſchen gefährden dieſelben Naubtiere den Katſchkar, welche auh dem Argali na<ſtellen. Nach Verſicherung der Mongolen ſoll ſehr alten Böen ein ſ{hlimmer Feind in ihren eigenen Hörnern erwachſen : die Spißen der leßteren ſollen im Laufe der Zeit ſo lang werden, daß ſie vor das Maul treten, das Tier am Freſſen verhindern und ſo zum Hungertode verdammen. Ob etwas Wahres an dieſer Angabe ſei, vermochte Prſhewalski niht zu ergründen.

Mit dem Di>hornſchafe (Oyis montana, californiana, ceryina und pygargus, Capra montana, Aegoceros montanus) wird ein in Kamtſchatka lebendes Wildſchaf für gleichartig erachtet, obglei<h es ſih durc ſein üm weſentlichen zwar gleichartiges, jedoh merfli<h ſ<wächeres Gehörn unterſcheidet.

Six John Richardſon und nah ihm Audubon geben an, daß das Dikhornſchaf vom 68. Grade nördlicher Breite an bis ungefähr zum 40. hinab das Felſengebirge und alle weſtlih liegenden Gebiete bewohne, überall aber nur die wildeſten und unzugänglichſten Gebirgsſtre>en. Die Dickhornſchafe finden gerade in den zerklüftetſten Bergländern alles, was ſie für ihr Leben beanſpruchen. Die ſ{<mälſten Geſimſe an ſteilen Wänden ſind für ſie ſichere Wege, die Höhlen und Grotten gewähren ihnen erwünſchte Lagerpläße, das ſaftige Gras eine ihnen zuſagende Weide und ſalzhaltige Stellen endlih Befriedigung eines Bedürfniſſes, welches, wie wix ſahen, allen Wiederkäuern überhaupt gemeinſam iſt. Daß ſie, ſeitdem ſie den Menſchen kennen gelernt, die wildeſten Teile der Wildnis bevorzugen, iſt ſelbſtverſtändlih; demungeachtet konnte man ſie ſrüher noh häufig genug wenigſtens ſehen, wenn man mit dem Dampfboote die Zuflüſſe des „Vaters der Ströme“ befuhr. So ſah Prinz Max von Wied (1832—34) die erſten dieſer Tiere auf der Spie eines hohen Uferfelſeus ſtehen, von wo aus ſie das auf dem Strome dahinbrauſende Dampfſchiff betrachteten.

Die Kunde, welche wir über das Dikhornſchaf beſizen, iſt dürftig genug, zumal was die Lebensweiſe anlangt. Jn letter Hinſicht iſt der erſte Bericht Nichardſons immer noch maßgebend; denn Spätere wiſſen ihm Weſentliches nicht hinzuzufügen. Die Leibesbeſchreibung dagegen läßt ni<ts zu wünſchen übrig. Erwachſene Böcke haben eine Länge von 19m, wovon nux 12 em auf den Shwanz kommen, bei 1,05 m Schulterhöhe; das Schaf iſt 1,—1,5 m lang und 90—95 em hoh. Jene erreichen ein Gewicht von 175 kg, da das Gehörn allein bis 25 kg wiegen fann; dieſes wird 130—140 kg ſ{hwer. Die Geſtalt iſt gedrungen, muskelkräftig, der Kopf dem des Steinbockes ähnlich, groß, auf dem Naſenrücken völlig gerade, das Auge ziemli<h groß, das Ohr klein und kurz, der Hals di>, der Nüten wie die Bruſt breit und ſtark, der Schwanz ſ{hmal, der Schenkel ſehr kräftig, der Lauf ſtark und gedrungen, der Huf kurz, vorn faſt ſenkrecht abgeſchnitten, der Ajterhuf breit und ſtumpf. Die Länge des gewaltigen Gehörnes, längs der Krümmung gemeſſen, beträgt bis 70 cm,