Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3
44 Zehnte Ordnung: Unpaarzeher; erſte Familie: Pferde.
bele>en. Bei Stallfütterung bedürfen ſie des Salzes niht mehr. Beſſer gefütterte und gehaltene Pferde gewinnen ſhon nah wenigen Monaten kurzes und glänzendes Haar, feſtes Fleiſh und ſtolze Haltung.
„BSewöhnlih“, ſagt Renggexr, „leben die Pferde truppweiſe in einem beſtimmten Gebiete, an welches ſie von Jugend auf gewöhnt worden ſind. Fedem Hengſte gibt man 12—18 Stuten, welche er zuſammenhält und gegen fremde Hengſte verteidigt. Geſellt man ihm zu viele Stuten zu, ſo hütet er dieſe niht mehr. Die Füllen leben mit ihren Müttern bis ins dritte oder vierte Jahr. Dieſe zeigen für jene, ſolange ſie no< ſaugen, große Anhänglichkeit und verteidigen ſie zuweilen ſogar gegen den Jaguar. Einen eigenen Kampf haben ſie niht ſelten mit den Maultieren zu beſtehen, bei denen ſi zuzeiten eine Art von Mutterliebe regt. Dann ſuchen dieſe dur< Liſt oder Gewalt Füllen zu entführen. Sie bieten ihnen wohl ihr mil<hleeres Euter zum Saugen dar; aber die armen Füllen gehen dabei natürli< zu Grunde. Wenn die Pferde etwas über 2 oder 3 Jahre alt ſind, wählt man unter den jungen Hengſten einen aus, teilt ihm junge Stuten zu und gewöhnt ihn, mit denſelben in einem beſonderen Gebiete zu weiden. Die übrigen Hengſte werden verſhnitten und in eigenen Trupps vereinigt. Alle Pferde, welche zu einem Trupp gehören, miſchen ſih nie unter andere und halten ſo feſt zuſammen, daß es ſ{hwer fällt, ein weidendes Pferd von den übrigen zu trennen. Werden ſie miteinander vermengt, z. B. beim Zuſammentreiben aller Pferde einer Meierei, ſo finden ſie ſich nachher gleich wieder auf. Der Hengſt ruft wiehernd ſeine Stuten herbei, die Wallachen ſuchen ſih gegenſeitig auf, und jeder Trupp bezieht wieder ſeinen Weideplaß. Tauſend und mehr Pferde brauchen keine Viertelſtunde, um ſi< in Haufen von 10—30 Stü zu zerteilen. J< glaube bemerkt zu haben, daß Pferde von gleicher Größe oder von der nämlichen Farbe ſich leihter aneinander gewöhnen als verſchiedene, und ebenſo, daß die fremden, aus der Banda Oriental und aus Entre-Rios eingeführten Pferde ſi< vorzugsweiſe zu einander und nicht zu inländiſchen geſellen. Die Tiere zeigen übrigens nicht allein für ihre Gefährten, ſondern auh für ihre Weiden große Anhänglichkeit. Fh habe welche geſehen, die aus einer Entfernung von 80 Stunden auf die altgewohnten Pläße zurückgekehrt waren. Um ſo ſonderbarer iſt die Erſcheinung, daß zuweilen die Pferde ganzer Gegenden aufbrechen und entweder einzeln oder haufenweiſe davonrennen. Dies geſchieht hauptſähli<h, wenn nah anhaltender tro>ener Witterung plößlih ſtarker Regen fällt, und wahrſcheinlih aus Furcht vor dem Hagel, welcher nicht ſelten das erſte Gewitter begleitet.
„Die Sinne dieſer faſt wildlebenden Tiere ſcheinen ſhärfer zu ſein als die europäiſcher Pferde. Zhr Gehör iſt äußerſt fein; bei Nacht verraten ſie dur< Bewegung der Ohren, daß ſie das leiſeſte, dem Reiter vollkommen unhörbare Geräuſh vernommen haben. Zhr Geſicht iſt, wie bei allen Pferden, ziemli< ſ{<hwa<h; aber ſie erlangen dur ihr Freileben große Übung, die Gegenſtände aus bedeutender Entfernung zu unterſcheiden. Vermittelſt ihres Geruchsſinnes machen ſie ſih mit ihrer Umgebung bekannt. Sie beriechen alles was ihnen fremd exſcheint. Durch dieſen Sinn lernen ſie ihren Reiter, das Reitzeug, den Schuppen, wo ſie geſattelt werden 2c., kennen, dur ihn wiſſen ſie in ſumpfigen Gegenden die bodenloſen Stellen auszumitteln, dur< ihn finden ſie in dunkler Nacht oder bei dihtem Nebel den Weg nach ihrem Wohnorte oder nach ihrer Weide. Gute Pferde beriechen ihren Reiter im Augenbli>e, wann ex auſſteigt, und ih habe ſolche geſehen, welche denſelben gar niht auſſteigen ließen oder ſi ſeiner Leitung widerſeßten, wenn er niht einen Poncho oder Mantel mit ſih führte, wie ihn die Landleute, welche die Pferde bändigen und zureiten, immer tragen. Falls ſie dur< den Anbli> irgend eines Gegenſtandes erſchre>t werden, beruhigt man ſie am leichteſten, wenn man denſelben von ihnen beriehen läßt. Auf größere Entfernung hin wittern ſie freilih niht. Jh habe ſelten ein Pferd geſehen, welches einen Jaguar