Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3
Taxpan. Cimarrones. Muſtangs. 43
dieſelbe Stadt wieder in Beſiß genommen und bewohnt wurde, fand man bereits eine Menge verwilderter Pferde, Nahkommen der wenigen ausgeſeßten, als Wildlinge vor. Schon im Jahre 1596 wurde es jedem erlaubt, dieſe Pferde einzufangen und für ſich zu gebrauchen. Dies iſt der Urſprung der unzählbaren Pferdeherden, welche ſih im Süden des Nio de la Plata umhertreiben.“ Die Cimarrones, wie dieſe Pferde genannt werden, leben jeßt iù allen Teilen der Pampas in zahlreichen Herden, die manchmal Tauſende von Köpfen zählen mögen. Jeder Hengſt ſammelt ſi ſo viele Stuten, als er kann, bleibt aber mit ihnen in Gemeinſchaft der übrigen Mitglieder der Herde. Einen beſonderen Anführer hat dieſe nicht.
Die Cimarrones beläſtigen und ſchaden, weil ſie niht nur gute Weide abfreſſen, ſondern auch die Hauspferde entführen. Zum Glück erſcheinen ſie niht bei Naht. Mit Verwunderung bemerkt man, daß die Wege, welche ſie überſchreiten, oft auf mehrere Kilometer hin mit ihrem Miſte bede>t ſind. Es unterliegt keinem Zweifel, daß ſie die Straßen auf: ſuchen, um ihre Notdurft zu verrichten. Und weil nun alle Pferde die Eigenheit haben, den Kot anderer ihrer Art zu beriehen und dur ihren eigenen zu vermehren, wachſen dieſe Miſtſtätten zu förmlichen Bergen an. Die Wilden in den Pampas eſſen das Fleiſch der Cimarrones, namentlich das von Fohlen und Stuten herrührende. Sie fangen ſih au< manche, um ſie zu zähmen; die Spanier hingegen machen kaum Gebrauch von ihnen. Höchſt ſelten fängt man einen Wildling, um ihn zu zähmen.
„Vergebens“, ſagt T\chu di, welcher zu Anfang der ſechziger Jahre die Pampas bereiſte, „Jucht man, wenigſtens in dieſem Teile der Pampas, nach einem einheitlichen Charakter der Pferde; man findet nichts als ein buntes Gemiſch von Formen, Größenverhältniſſen und Farben. Beſonders häufig bemerkte ih bunte Sche>en. Jh hatte oft Gelegenheit, viele Hunderte zuſammengetriebener Pferde zu beobachten, geſtehe aber, daß ih jedesmal vergeblih na< dem von verſchiedenen Reiſenden erwähnten Typus der Pampaspferde geſucht habe. Kopf, Hals und Widerriſt haben mir durchaus keine Anhaltspunkte gegeben, um einen einheitlichen Charafter dieſer Tiere herauszufinden. Jh will nicht in Abrede ſtellen, daß vielleicht ein ſolcher bei den Pampaspferden ſüdli<h von Buenos Aires vorkomme; in den von mir durchreiſten Teilen des Landes iſt dies jedo<h niht der Fall.“
In Paraguay finden ſi< keine verwilderten Pferde und zwar, wie Rengger vermutet, wegen einer in den Pampas von Buenos Aires fehlenden Schmeißfliege, welche ihre Eier in den blutigen Nabel der Füllen legt und hierdur< tödliche Geſhwüre verurſacht. Auch iſt in den Pampas das Futter reichlicher als in Paraguay. Der Zuſtand der Pferde des leßteren Landes unterſcheidet ſich aber niht weſentlih von dem jener Wildlinge. Die Tiere, welche man Muſtangs nennt, werden ſo vernachläſſigt, daß ſie förmlih ausarten. Sie ſind mittelho<, haben einen großen Kopf, lange Ohren und di>e Gelenke; nur der Hals und der Rumpf ſind ziemli<h regelmäßig gebaut. Die Behaarung iſt im Sommer furz, im Wintex lang; Mähne und Schwanz ſind immer dünn und kurz.
Die Pferde Südamerikas bringen das ganze Jahr unter freiem Himmel zu. Alle acht Tage treibt man ſie einmal zuſammen, damit ſie ſi< niht verſprengen, unterſucht ihre Wunden, reinigt ſie, beſtreicht ſie mit Kuhmiſt und ſchneidet von Zeit zu Zeit, etwa alle drei Jahre, den Hengſten die Mähne und den Schwanz ab. An Veredelung denkt niemand. Die Weiden ſind ſhle<t; eine einzige Grasart bede>t den Boden. Jm Frühjahre treibt dieſes Gras ſtarf hervor, verurſacht aber dann den Pferden Durchfall und ermattet ſie. Fm Sommer und Herbſte erholen ſie ſi<h wieder und werden au<h wohl fett; aber ihre Wohlbeleibtheit verſhwindet, ſobald ſie gebraucht werden. Der Winter iſt die ſ{hlimmſte Zeit für ſie. Das Gras iſt verwelkt; die Tiere müſſen ſich daher mit den dürren, durch den Regen ausgelaugten Halmen begnügen. Dieſe Nahrung erregt auch in ihnen das Bedürfnis nah Salz. Man ſieht ſie ſtundenlang an den Sulzen verweilen und hier die ſalzhaltige Thonerde