Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

692 Vierzehnte Drdnung: Beutelticre; fünſte Familie: Raubbeutler.

Über das Gefangenleben des Beutelwolfes iſ wenig zu berihten. Wie ſeine ganze Verwandtſchaft dumm und geiſtlos, vermag er kaum mehr als flüchtige Teilnahme zu erregen. Friſch gefangene ſollen ſi< im Anfange ſehr troßig und widerſpenſtig gebärden, mit Kaßenbehendigkeit in ihrem Käfige oder im Gebälke eines Hauſes umherklettern und Säße von 2—3 m Höhe ausführen. Bei langer Gefangenſchaft legt ſih wie die Beweglichkeit ſo auh das wilde Weſen angeſichts eines Menſchen; doch befreunden ſich die Beutelwölfe niemals wirfli<h mit ihrem Wärter, lernen ihn nur mangelhaft kennen und kaum von anderen Leuten unterſcheiden, verhalten ſi<h ihm gegenüber au< vollkommen gleichgültig und geraten höchſtens angeſihts des ihnen dargereihten Fleiſches einigermaßen in Aufregung. Jm übrigen laufen ſie ſtundenlang in ihrem Käfige umher, ohne ſi< um die Außenwelt viel zu kümmern, oder liegen ruhend und ſ{<lafend ebenſo teilnahmlos auf einer und derſelben Stelle. Jhr klares, dunkelbraunes Auge ſtarrt dem Beobachter leer entgegen und entbehrt vollſtändig des Ausdru>s eines wirklichen Raubtierauges.

Ungleich häßlicher und im höchſten Grade abſtoßend und widerlich iſt der gleichfalls eine eigne Gattung bildende nähſte Verwandte des Beutelwolfes, der Teufel der Anſiedler (Sarcophilus ursinus, Didelphys ursina, Dasyurns und Diabolus ursinnus). Dieſen bedeutungsvollen Namen erhielt das Tier wegen ſeiner unglaublichen Wildheit und Unzähmbarkeit. Alle Beobachter ſind einſtimmig, daß man ſi< kaum ein ungemütlicheres, tolleres, unſinnigeres und wütenderes Geſchöpf denken könne als dieſen Beutelteufel, deſſen ſhle<hte Laune und Ärger niemals endet, und deſſen Zorn bei der geringſten Gelegenheit in hellen Flammen auflodert. Nicht einmal in der Gefangenſchaft und bei der ſorgfältigſten Pflege verliert er ſcine Eigenſchaften, und niemals lernt er den kennen oder lieben, welcher ihn mit Nahrung verſieht und Pflege angedeihen läßt, ſondern greift auh ſeinen Wärter mit derſelben Gehäſſigkeit und ſinnloſen Wut an wie jedes andere Weſen, welches ſih ihm zu nahen wagt. Bei dieſer widerwärtigen Grimmigkeit fällt die ſeinem Namen keineswegs entſprehende Dummheit und Trägheit unangenehm auf. Dex Beutelteufel ſ{<läft entweder in dem dunkelſten Winkel ſeines Käfigs oder fletſcht ſein fur<htbares Gebiß und beißt raſend um fi, ſobald ex glaubt, den ſi<h ihm Nähernden erlangen zu fönnen. Jn dieſen Zornesausbrüchen gibt er die einzige geiſtige Thätigkeit kund, deren er fähig zu ſein ſcheint.

Die Merkmale der Gattung (Sarcophilus), welche der Beutelteufel vertritt, ſind folgende: die Geſtalt iſt gedrungen, der Kopf ſehr groß, plump, di>, breitſhnauzig, das Ohr furz, außen behaart, innen na>t und faltig, das Auge klein, der Stern rund, die Naſe nat, die Lippe mit vielen Warzen beſeßt, der Shwanz kurz, kegelförmig, ſehr di> an der Wurzel und ſih raſh verſ<hmächtigend, während die niedrigen, etwas krummen Beine unter ſich ziemlih gleich erſheinen. Das Gebiß enthält einen Lückenzahn weniger als das der Beutelwölfe. Der Pelz beſteht aus kurzen, nirgends eigentlich verlängerten, ſtraffen Haaren; die wellig gebogenen Schnurrhaare ſind di>, borſtig und kurz, ein auf den Wangen ſtehendes Borſtenbüſchel außerordentlih verlängert. Der Kopf iſt wenig oder dünn behaart, und die rötliche Haut ſhimmert zwiſchen den ſhwarzen Haaren dur.

Auf der Bruſt des Beutelteufels ſtehen ein weißes Halsband und in der Regel zwei weiße Fle>en; der ganze übrige Leib iſt mit kohlſhwarzem Pelze bekleidet. Die Geſamtlänge des Tieres beträgt ungefähr 1 m, wovon der Schwanz etwa 30 cm wegnimmt.

Jm Anfange machte der Beutelteufel den Anſiedlern auf Tasmanien viel zu ſchaffen, weil er ihre Geflügelzucht beinahe vereitelte. Nach Marderart brach er in den Hühnerhof ein und wütete hier mit einer Blutgier, wie ſie ſonſt nur ein Marder zeigen kann. Er