Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

706 Vierzehnte Ordnung: Beuteltiere; ſechſte Familie: Beutelratten. Y 2)

als alle übrigen Teile des Leibes; denn erſt viel ſpäter bilden ſi<h die Augen und Ohren einigermaßen aus. Nach etwa 14 Tagen öffnet ſi< der Beutel, welchen die Mutter dur< beſondere Hautmuskeln mwillkürlih verengern und erweitern kann, und na< etwa 50 Tagen ſind die Jungen bereits vollſtändig ausgebildet. Sie haben dann die Größe einer Maus, find überall behaart und öffnen nun au die Augen. Nach 60 Tagen Saugzeit ün Beutel iſt ihr Gewicht auf mehr als das Hundertfache des früheren geſtiegen. Die Mutter geſtattet unter keiner Bedingung, daß ihr Beutel geöffnet werde, um die Jungen zu betrachten. Sie hält jede Maxter aus, läßt ſih< ſogar über dem Feuer aufhängen, ohne ſih ſolhem Verlangen zu fügen. Erſt wenn die Jungen die Größe einer Natte erlangt haben, verlaſſen ſie den Beutel bleiben aber auh, nachdem ſie ſhon laufen können, no< bei der Mutter und laſſen dieſe für ſi<h jagen und ſorgen.

Wegen des Schadens, welchen das Opoſſum unter dem Hausgeflügel anrichtet, wenn es einmal in einen Meierhof einbriht, wird es überall gehaßt und ſ<honungslos verfolgt. Zumal die Neger ſind eifrige Feinde des Tieres und erlegen es, wann und wo ſie nur fönnen, wiſſen es au<h am beſten zu benußen. Das Wildbret des Tieres, für europäiſche Gaumen ungenießbar, weil ein äußerſt widriger, ſtark knoblauchartiger, aus zwei zu beiden Seiten des Maſtdarmes liegenden Drüſen ſtammender Geruch ſih dem Fleiſche mitteilt und es verdirbt behagt den Negern ſehr und entſchädigt ſie für die Mühe des Fangens.

Das Treiben des gefangenen Opoſſums vermag den Beobachter kaum zu erfreuen. Jh muß na< meinen Erfahrungen behaupten, daß dieſes Tier noh langweiliger iſt als andere Raubbeutler. Regungslos in ſi zuſammengerollt liegt es den ganzen Tag üder in ſeinem Käfige, und nur wenn man es reizt, bequemt es ſih wenigſtens zu einer Bewegung: es öffnet den Rachen ſo weit wie möglich und ſo lange, als man vor ihm ſteht, gerade, als ob es die Maulſperre hätte. Von dem Verſtande, welchen Audubon dem wild lebenden Tiere zuſchreibt, bemerkt man keine Spux. Es iſt träge, faul, ſ<lafſüchtig und erſcheint abſ<hre>end dumm: mit dieſen Worten iſt ſein Betragen in der Gefangenſchaft am beſten beſchrieben.

Das Fell des Opoſſums wird zu Pelzwerk verarbeitet; nah Lomer kommen gegenwärtig etwa 600/000 Stü in den Handel. Der Preis eines Felles ſtellt ſich, je nach deſſen Schönheit und der dur< die Mode beeinflußten Nachfrage, auf 0,5—2,5 Mark.

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Von den Beutelrxatten im engeren Sinne, die eine beſondere Untergattung bilden, unterſcheiden ſi die Shupatis (Philander) hauptſählih durc den unvollkommenen Beutel des Weibchens. Dieſer wird nämlih nur durch zwei Hautfalten gebildet, welche ſich über die an den Zigen hängenden, no<h unausgebildeten Jungen hinweglegen.

Die größte Art aller Shupatis und eine der größten Beutelratten überhaupt iſt der Krebsbeutler (Didelphys [Philander] philander, D. dichrura 2c.), ein Zier von 24 em Körperlänge, mit 32 cm langem Schwanze. Sein di>es, weiches und wolliges Haar iſt ſ<hmußgig gelblich- oder rötlichgrau, unten gelb. Das blaßgraue Geſicht iſt mit einem braunen Mittelſtreifen und dunkeln Höfen um den Augen gezeihnet, während die Endhälfte des Schwanzes weißlih ausſieht.

Der Krebsbeutler iſt ziemlih weit, vielleicht über das ganze heiße Amerika verbreitet und findet ſi zahlreih in den Waldungen Braſiliens, am liebſten in der Nähe von Sümpfen, welche ihm Krebſe und Krabben liefern. Er lebt faſt nur auf den Bäumen und kommt bloß dann auf den Boden herab, wenn ex unten jagen will. Sein vollkommen na>ter Noll: ſchwanz macht ihm das Klettern leiht; man ſieht ihn in keiner Stellung, ohne daß er ſih