Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

70 Zehnte Drdnung: Unpaarzeher; erſte Familie: Pferde.

und bewacht und verteidigt ſie. Er iſt ausnehmend ſcheu und vorſichtig, ſeine Jagd daher überaus ſ{<wierig. Von einein Reiſenden, welcher den Weg vom Roten Meere na Chartum zurückgelegt hatte, erfuhr ih, daß die Wildeſel, wie die Pferde Paraguays oft auf das Lagerfeuer zulaufen, mehrere hundert Schritt davon ſi aufſtellen und ſtußen, bei der geringſten Bewegung im Lager aber mit ho<h emporgehobenem Schweife eilenden Laufes davonjagen. Zahme Eſelinnen ſollen ſie niht ſelten wegführen und unter ihre Herden aufnehmen. Alle im Süden und wahrſcheinli<h au< in Abeſſinien benußten zahmen Eſel ſcheinen von dieſer Art abzuſtammen; denn nach der Verſicherung der Araber gleichen ihnen die Wildeſel täuſchend. Mir wurden Eſel gezeigt, von denen man behauptete, ſie in der Jugend eingefangen und gezähmt zu haben. F< weiß niht, ob dieſe Behauptung der Wahrheit entſprach; ſoviel aber kann ih verſichern, daß jene ſi<h von den anderen dort gebräuchlichen Eſeln nur dur etwas ſtolzere Haltung und größere Ausdauer unterſchieden.

Die gebänderten Füße dieſes Tieres, und beſonders die des Somaleſels ſind ein beahtenSwertes Merkmal; denn ſie laſſen den Eſel als ein Mittelglied zwiſchen ſeinen aſiatiſchen Verwandten und den Tigerpferden erſcheinen.

Der Steppeneſel wurde von alters her gezähmt und wild eingefangene Tiere wurden fort und fort zur Veredelung der Eſelzucht benugt. Die alten Römer gaben große Summen für dieſe Veredelung aus, die Araber thun es heute no<. Nur bei uns iſt der zahme Eſel dur< fortwährende Vernachläſſigung zu einem wahren Krüppel herabgeſunken.

Wenn man den Eſel, welcher bei uns zu Lande zur Mühle trägt oder den Milchkarren zieht, mit ſeinen ſüdländiſchen Brüdern vergleicht, könnte man verſu<ht werden, beide als verſchiedene Arten anzuſehen, ſo gering iſt die Ähnlichkeit zwiſchen ihnen. Der nordiſche Eſel iſt, wie allbekannt, ein träger, eigenſinniger, oft ſtörriſcher Geſell, welcher allgemein, wenn au< mit Unrecht, als Sinnbild der Einfalt und Dummheit gilt, der ſüdliche Eſel dagegen, zumal der ägyptiſche, ein ſhönes, lebendiges, außerordentlich fleißiges und ausdauerndes Geſchöpf, welches in ſeinen Leiſtungen gar niht weit hinter dem Pferde zurücſteht, ja es in mancher Hinſicht noh übertrifft. Jhn behandelt man aber auh mit weit größerer Sorgfalt als den unſrigen. Jn vielen Gegenden des Morgenlandes hält man die beſten Raſſen ſo rein wie die des edelſten Pferdes, füttert die Tiere ſehr gut, plagt ſie in der Jugend nicht zuviel und kann deshalb von den erwachſenen Dienſte verlangen, welche unſer Eſel gar niht zu leiſten im ſtande ſein würde. Man hat vollkommen Recht, viele Sorgfalt auf die Zucht des Eſels zu verwenden; denn ex iſt dort Haustier im vollſten Sinne des Wortes: er findet ſi<h im Palaſte des Reichſten wie in der Hütte des Ärmſten und iſt der unentbehrlichſte Diener, welchen der Südländer kennt. Schon in Griechenland und Spanien trifft man ſehr ſchöne Eſel an, obgleih ſie noh immer weit hinter den im Morgenlande und zumal in Perſien, Te und Ägypten gebräuchlichen zurückſtehen. Dex griechiſche und der ſpaniſche Eſel kommen einem kleinen Maultiere an Größe gleich; ihr Haar iſt glatt und weich, die Mähne ziemlih, der Shwanzquaſt verhältni8mäßig ſehr lang; die Ohren ſind lang, aber fein gebaut, die Augen glänzend. Große Ausdauer, ein leichter, fördernder Gang und ein ſanfter Galopp ſtempeln dieſe Eſel zu unübertrefflichen Reittieren. Manche Raſſen gehen einen natürlihen Paß, ſo 3. B. die größten von allen, welche ih je geſehen habe, die ſogenannten ſpaniſchen RE welche hauptſächlih benußt werden, Kohlen von den Gebirgen herab nah dem Süden zu bringen. Neben dem großen Eſel findet man au< in Griechenland und Spanien kleinere; ſie ſind aber ebenfalls viel feiner gebaut und weicher, zierlicher behaart als die unſrigen.

Noch weit ſchöner als dieſe trefflichen Tiere ſind die arabiſchen Eſel, zumal diejenigen, welche in Jemen gezogen werden. Es gibt zwei Raſſen, eine große, mutige, raſche, zum Neiſen höchſt geeignete, und eine kleinere, ſ{<wächere, welche gewöhnlih zum Laſttragen