Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1
Geiſtige Begabung. Artenverteilung. 18
Einfluß auch auf ſie aus: es beſit und erhält verhältnismäßig wenige Arten, während das Land ſeinen vielfachen Wechſel auh in der Vogelwelt widerſpiegelt. Denn nicht bloß in jedem Gürtel, ſondern auch in jeder Örtlichkeit treten gewiſſe Vögel auf, in der nordiſchen Tundra, der Wüſte des Waſſers, andere als in der Wüſte des Sandes, in der Ebene andere als im Gebirge, im baumloſen Gebiete andere als im Walde. Abhängig von Bodenbeſchaffenheit und Klima müſſen die Vögel in ebendemſelben Grade abändern wie ihre Heimat ſelbſt. Auf dem Waſſer iſt der Verbreitungskreis der einzelnen Arten größer als auf dem Lande, wo ſhon ein breiter Strom, ein Meeresteil, ein Gebirge zur Grenze werden kann: aber Grenzen gibt es auh auf dem Meere. Nur äußerſt wenige Vögel bewohnen buchſtäblich alle Teile der Erde, ſoviel bis jebt bekannt, nur ein einziger Landvogel und einige Sumpfund Waſſervögel; Weltbürger iſt z. B. die Sumpf- oder Kurzohreule, welche in allen fünf Erdteilen gefunden wurde, Weltbürger ebenſo der Steinwälzer, welcher an den Küſten aller fünf Erdteile und auf der weſtlichen wie auf der öſtlichen Halbkugel vorkommt. Fn der Regel erſire>t ſi< der Verbreitungskreis weiter in oſtweſtlicher als in nordſüdlicher Richtung: im Norden der Erde leben viele Vögel welche in allen drei Erdteilen mehr oder weniger in gleicher Anzahl gefunden werden, während einige hundert Kilometer vom Norden nah Süden hin ſchon eine große Veränderung bewirken können. Die Bewegungsfähigkeit des Vogels ſteht mit der Größe des Verbreitungskreiſes niht im Einklange: ſehr gute Flieger können auf einen verhältnismäßig geringen Umkreis beſchränkt ſein, minder gute ſih viel weiter verbreiten als jene. Auch die regelmäßigen Reiſen, der Zug und die Wanderung der Vögel, tragen, wie wir ſpäter ſehen werden, zur Ausdehnung gewiſſer Verbreitungskreiſe niht bei.
Sclaters Vorgange folgend, teilt man ziemlich allgemein die Erde in ſechs tierkundliche Gebiete ein. Jn deren erſtem, dem nördlih-altweltlihen Gebiete, welches Europa, Nordafrika und Nordaſien bis zum 30. Breitengrade umfaßt, leben nah Sclaters Aufſtellung ungefähr 650 Vogelarten, unter denen, als für das Gebiet bezeihnend, nur die Grasmüd>en, Rotſchwänze, der Flüevogel, die Laufwürger, Alpenraben, Häher, Ammern, Kernbeißer und Rauchfußhühner beſonders hervorgehoben zu werden verdienen. Fn dieſem weiten Gebiete finden ſi alſo nux ſehr wenige Vogelgruppen, welche in anderen niht weit vollſtändiger entwi>elt wären. Es iſt das ärmſte von allen und weiſt nur eine einzige Vogelart auf je 1300 geographiſchen Geviertmeilen auf.
Das äthiopiſche Gebiet, welches Afrika ſüdlich von der Sahara nebſt der im Südoſten des Erdteiles gelegenen Jnſelwelt, Madagaskar, Mauritius und Bouxbon, ebenſo auh Südarabien in ſi< begreift, beherbergt mehrere ihm eigentümliche Familien, z. B. die Mausvögel, Piſangfreſſer und Madenhacker, und iſt reich an bezeihnenden Arten. Hier leben die Grau- und Zwergpapageien, die Honiganzeiger, der Kern der Webefinken, die Sand- und Läuferlerhen, Sporenpieper, faſt alle Glanzdroſſeln, die Baumhopfe, der Kranichgeier, Gaufler, die Singhabichte, Perlhühner, die Strauße, der Schuhſchnabel, der Schattenvogel, die Königskraniche und andere.
Als in hohem Grade eigenartig ſtellt ſich Madagaskar dar. Obwohl dem äthiopiſchen Gebiete zugezählt, beſit es doch keine einzige aller für Afrika bezeihnenden Vogelgattungen, und deshalb erſcheint es faſt gerechtfertigt, tierkundlih dieſem merkwürdigen Eilande den Nang eines eigenen Gebietes zuzuſprechen. Nicht weniger als vier Familien der Vögel werden aus\<ließli<h auf Madagaskar und den zugehörigen Eilanden gefunden. Außerdem ſind Afrika gegenüber Papageien, Tagraubvögel, Ku>ucke, Honigvögel, Tauben, Sumpf- und Schwimmvögel beſonders zahlreich, Finken, Bienenfreſſer und Stare ungemein {wach, die Familien der Raben, Würger, Droſſeln, Shwalbenwürger, Fliegenfänger und Droßlinge endlih dur eigentümli<h abweichende Mitglieder vertreten. Die Artenzahl aller Vögel des äthiopiſchen Gebietes ſ{<häßt Sclater auf 1250, ſo daß alſo auf je 350 geographiſche