Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1
30 Ein Bli> auf das Leben der Geſamtheit.
läßt fih jedo<h wohl annehmen, daß ſie ſih bis zu einem gewiſſen Grade verallgemeinern laſſen. Wenn niht genau in der gleichen, ſo do< in ähnlicher Weiſe verfahren ſicherlich auch die übrigen kleinen Neſtho>er. Bei größeren Arten ändern ſi die Verhältniſſe mehr oder weniger. Die zarten Jungen werden allerdings ebenfalls ſo lange bede>t, als dies unbedingt nötig erſcheint; ihre eigene Wärme iſt jedoch bedeutend größer als die der kleineren Arten, und viele von ihnen ſ{hüßt außerdem ein wolliges Daunenkleid, welches ſie, beiſpielsweiſe die Raubvögel, aus dem Eie mit auf die Welt bringen. Mehrere Höhlenbrüter ſind infolge ihrer ungeeigneten Shnäbel nicht im ſtande, den Kot ihrer Jungen zu entfernen, und dieſer ſammelt ſi< dann derart in der Niſthöhlung an, daß lebtere zu einer wahren Peſtgrube wird; gleihwohl gedeihen die Jungen nicht minder gut wie die ſorgſam gepflegten der beſchriebenen Arten. Andere, wie die Raubvögel z. B., bedürfen in dieſer Beziehung der elterlichen Fürſorge nicht, ſondern erheben ſih einfa<h über den Rand des Neſtes und ſpriven ihren flüſſigen und kreidigen Kot weit von ſich, wodurch freilih der Horſtrand und deſſen Umgebung in widerwärtiger Weiſe beſhmußt werden. Dem Unrate geſellen ſich bei Raubvögeln und Fiſ<hfreſſern, beiſpiel8weiſe Reihern und Scharben, noch allerlei Überreſte der herbeigetragenen Beute, welche verfaulend unerträglihen Geſtank verurſachen, fo daß die Niſtſlätte beſagter Vögel, insbeſondere die der ſtolzeſten unter ihnen, aufs äußerſte verunziert wird.
Unverhältnismäßig geringer ſind die Elternſorgen der Neſtflüchter, welche in Beziehung auf Frühreife mit den Wiederkäuern unter den Säugetieren ungefähr auf gleicher Stufe ſtehen. Unmittelbar nachdem die durch ſorgſame Bebrütung gezeitigten Jungen das Ei verlaſſen haben, ihr dihtes Daunenkleid dur die Wärme der brütenden Mutter abgetro>net iſt, entfernen ſie ſi< mit den Eltern aus dem Neſte und ſind von nun an mehr oder weniger befähigt, den Alten zu folgen. Unter deren Führung dur(ſtreichen nunmehr die landlebenden Arten Feld und Flux, die ſ<hwimmfähigen ziehen mit ihnen wenigſtens großenteils auf das Waſſer hinaus. Dhne Hilfe ſind jedoch weder die einen noc die anderen im ſtande, ſelbſtändig ihre Wege durs Leben zu wandeln; auch ſie beanſpruchen im Gegenteile noh geraume, oft lange Zeit, bevor ſie der mütterlihen Obhut entbehren können. Vater und Mutter, wenigſtens die lebtere, führt und leitet, vereinigt, wärmt und \{<hüßt ſie gegen mancherlei Gefahren, welche ihnen drohen. Wie uns jedes Haushuhn vorführt, ſorgt die Mutter niht allein dur< Aufſcharren paſſender Nahrung für ihre Bedürfniſſe, ſondern ſpendet ihnen auch, wenn es ihr nötig erſcheint, mit xührender Hingabe die Wärme ihrer eigenen Bruſt. Fede die Sonne verhüllende Wolke verurſacht ihr Sorge; ein aufſteigendes Gewitter verſeßt ſie in wahre Todesangſt. Mit ihrem eigenen Leibe de>t ſie bei fallendem Hagel ihre Brut, und ob auch die herabſtürzenden Schloßen ſie ſelbſt vernichten ſollten; ſorglih wählt ſie diejenigen Stellen aus, welche die meiſte Nahrung verſprechen, und auf weit und breit durchſtreift ſie mit der hungrigen Kinderſchar das Brutgebiet, fortwährend bedacht, drohendem Mangel vorzubeugen. So wie unſer Haushuhn verfahren alle übrigen Hühner: vögel, ſo die meiſten Erdvögel, niht anders auch die Shwimmvögel welche zu den Neſtflüchtern zählen. Treulich beteiligt ſih der Schwan, der Gänſerih an der Sorge um die Jungen; willig nimmt die Entenmuttex dieſe allein auf ſih. Sind die Kleinen ermüdet, jo bietet ſie ihren dur< Lüpfung der Flügel etwas verbreiterten Rücken zum bequemen Nuheſiße. Droht jungen Steißfüßen Gefahr, ſo nehmen die Eltern ſie unter ihre Flügel, tauchen mit ihnen hinab in die ſichere Tiefe, erheben ſih ſogar mit den zwiſchen ihren Federn haftenden Küchlein in die Luft und entziehen ſie ſo wenigſtens oft den Nachſtellungen der Feinde. Dieſen gegenüber bethätigen alle Vögel eine Hingabe, welche ſie die Bedrohung des eigenen Lebens vollſtändig vergeſſen läßt, thr ganzes Weſen verändert und Mut auh in die Seelen der furhtſamſten unter ihnen legt oder ſie erfinderiſh erſcheinen läßt in