Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

646 Erſte Drdnung: Baumvögel; neunundzwanzigſte Familie: Pfefferfreſſer,

ſeines unförmlihen Schnabels anmutig und leiht in ſeinen Bewegungen, hielt ſein Gefieder auch ſtets rein und ordentli<h und badete ſi regelmäßig täglih einmal. Wenn er niht geſtört wurde, benahm er ſi< an einem Tage wie am andern. Mit Dunkelwerden voll: endete er ſeine lezte Mahlzeit, bewegte ſih no< einigemal im Käfige rundum und ließ ſi{h dann auf der höchſten Sißſtange nieder. Jn demſelben Augenbli>e zog er den Kopf zwiſchen die Schultern und drehte ſeinen Shwanz, ſo daß er ſenkre<ht über den Rücken zu ſtehen fam. Fn dieſer Stellung verweilte er etwa 2 Stunden lang zwiſhen Schlafen und Wachen, die Augen gewöhnlich geſ{<loſſen. Dann erlaubte er jede Berührung, nahm auh wohl eine Lieblingsſpeiſe zu ſih, änderte ſeine Stellung aber nicht. Ebenſo geſtattete er, daß man ihm den Schwanz niederbog, brachte ihn aber immer wieder in dieſelbe Lage zurü>. Gegen das Ende der angegebenen Zeit drehte er langſam den S<hnabel auf den Rüen, verbarg ihn hier zwiſchen den Federn und ließ die Flügel herabſinken, ſo daß er wie ein Federball erſchien. Jm Winter änderte er ſein Betragen; das Kaminfeuer hielt ihn dann no< lange wah.

„Meine Tukane“// ſ{hrieb mir Bodinus, „ſind höchſt lieben8würdige Vögel. Jhr prahtvolles Gefieder entzü>t jedermann, und der ungeheure Schnabel wird keine8wegs unförmlih, ſondern höchſtens eigentümli<h gefunden. Sie ſcheuen die Nähe des Menſchen durchaus niht, ſind ſtets munter und lebhaft, ihre Eßluſt iſt fortwährend rege, ihre Reinlichkeitsliebe ſo groß, daß es immer etwas zu pußen und zu beſorgen gibt, ihre Gewandtheit überraſchend: furz, ſie ſind unterhaltend im beſten Sinne des Wortes.“ Jh darf nach eignen Beobachtungen dem erfahrenen Tierpfleger beiſtimmen, möchte aber noh einiges über das Gefangenleben hinzufügen. Pfefferfreſſer bedürfen, wenn ſie ſi in ihrer vollen Schönheit, Beweglichkeit und Lebendigkeit zeigen ſollen, eines ſehr weiten und hohen Käfigs, der ihnen vollſten Spielraum gewährt. Jn jol<hem Gebauer halten ſie ſi, falls man die Einwirkung rauher Witterung ſorgfältig von ihnen abhält, viele Jahre lang, werden ungemein zahm, erkennen den Pfleger, unterſcheiden ihn von anderen Leuten, laſſen ſi< von ihm berühren, nah Art der Papageien im Gefieder neſteln und gewinnen ſi< dadur< noh wärmere Zuneigung als dur die ſo ſ{hönen und eigentümlichen Farben ihres ſtets glatt getragenen Gefieders, ihre Munterkeit und andauernde gute Laune. Aber ſie haben auch ihre Eigenheiten, die in unſeren Augen förmli<h zu Unarten werden können. Ganz abgeſehen von ihrer Naub- und Mordluſt, die alle ſ<wächeren Geſchöpfe aus ihrer Nähe verbannt, vertragen ſie ſi< niht einmal in allen Fällen untereinander, beginnen im Gegenteile niht ſelten mit ihresgleihen Streit, bilden Parteien und verfolgen und quälen einen Artgenoſſen, der ihr Mißfallen erregte, auf das äußerſte. Diejenigen, welche gleichzeitig in einen noh leeren Käfig gebracht werden, vertragen ſih in der Regel recht gut. Einer erwirbt ſih die Oberherrſchaft, die anderen fügen ſi<h, und alle leben in gutem Einverſtändniſſe. Sobald aber zu ſolcher Geſellſhaft ein neuer Ankömmling gebracht wird, ändern ſih die Verhältniſſe in oft höchſt unerqui>liher Weiſe. Der Neuling wird zunächſt mit unverhüllter Neugier und Aufmerkſamkeit betrachtet; einer nah dem anderen von den älteren hüpft herbei und muſtert ihn auf das genaueſte, als habe er noh niemals einen zweiten ſeinesgleichen geſehen. Dicht neben ihm ſißend, dreht er langſam den Kopf mit dem unförmlichen Schnabel und beſhaut ſih den Fremdling buchſtäblih von vorn und hinten, von oben und unten. Der leßtere gerät durch dieſes Anſtaunen nah und nach in erſichtliche Verlegenheit, bleibt zunächſt aber ruhig ſißen und verläßt den Plaß oft au<h dann niht, wenn jener ſi bereits wieder entfernt hat. Dem einen Neugierigen folgen alle übrigen: der neuangekommene muß förmlich Spießruten laufen. Eine Zeitlang geht alles gut; irgend welches Unterfangen des Fremdlings aber erregt allgemeine Entrüſtung. Der reichlih gefüllte Futternapf, dem er ſih naht, verkleinert und entleert ſih in den Augen der neidiſchen Geſellen; alle hüpfen herbei, um