Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

658 Erſte Ordnung: Baumvögel; zweiunddreißigſte Familie: Kolibris.

Eingeborenen der Sambeſigegend. Von Zweig zu Zweig der benahbarten Bäume flatternd und rufend, verlangt der Vogel Aufmerkſamkeit und Berückſichtigung. Wird ihm geantwortet, wie die Eingeborenen zu thun pflegen, indem ſie pfeifen und auf ihre Füße bli>en, jo fliegt er in einer beſtimmten Richtung ab, ſeßt ſi in einer kleinen Entfernung wieder nieder und hüpft von einem Baume zum anderen. Wenn ihm gefolgt wird, geht er weiter und leitet ſo den Menſchen bis zu dem Bienenneſte; iſt dieſes erreiht, ſo fliegt er weg, leitet jedo< niht länger, und es erfordert daher eine gewiſſe Erfahrung, das Neſt aufzufinden, ſelbſt wenn der Führer deutli einige wenige Bäume bezeichnet haben ſollte. Kirk hat auh in Erfahrung gebracht, daß der Vogel, wenn ein ihm folgender Mann, nachdem er eine Zeitlang in der angegebenen Richtung gegangen iſt, dann ſih abwendet, zurükehrt, um ein zweites Neſt an einer anderen Stelle anzuzeigen. Unangenehm bei der Sache iſt, daß er ſehr häufig auh zu einem zahmen Bienenſto>e führt, aus dem leiht erklärlihen Grunde, als die Biene dieſelbe wie die wilde iſt und die „Muſſinga“ oder Bienenkörbe unfern der Väume angebracht werden in der Abſicht, die Bienen zu ihrer Beſißnahme einzuladen. Die Abſicht des Vogels richtet ſih deutlih genug auf die jungen Bienen. Er führt zu Neſtern ohne Honig und ſcheint ebenſo erfreut zu ſein, wenn anſtatt des Honigs mit Laxven gefüllte Waben aus dem Neſte genommen werden.

Bei den Raubzügen gegen Bienen mag den Honiganzeigern das dichte, harte Gefieder und die di>e Haut weſentlich zu ſtatten kommen, d. h. in erwünſchter Weiſe gegen die Stiche der Jmmen ſ{hügen. Daß dieſe ſi< niht gutwillig ihrer Brut berauben laſſen, iſt erklärlih; von einem tödlichen Ausgange der Kämpfe zwiſchen Honigangeber und Bienen, von dem Levaillant berichtet, weiß aber keiner der neueren Beobachter etwas anzugeben. Außer den Larven der Jmmen und ihrer Verwandten ſowie den bereits erwähnten Raupen ſtellen die Honigku>u>e unzweifelhaft anderweitigen Kerfen ebenfalls mit Eifer nah. Atmore beantwortet einige Fragen Layards ſogar dahin, daß die bereits von Kirk erwähnte Art der Gruppe ſi ſogar an leinen Vögeln vergreife, ſie mit gleicher Raubgier wie ein Würger fange und verzehre, und daß er ſelbſt einen erlegt habe, der eben beſchäftigt geweſen ſei, einen vor den Augen des Beobachters im Fluge gefangenen Sperling aufzufreſſen.

Levaillant verſichert, daß der weibliche Honiganzeiger 3Z—4 weiße Eier in Baumhöhlungen auf den Mulm lege und ſie in Gemeinſchaft mit dem Männchen ausbrüte. Dieſe Angabe iſt aber durch die Beobachtung der Gebrüder Verreaux mit aller Beſtimmtheit als irrtümlih nachgewieſen worden. Die leßtgenannten Naturforſcher fanden, wie Hartlaub mitteilt, Eier oder Junge der verſchiedenen Honiganzeiger, die Südafrika bewohnen, in den Neſtern von Würgern, Grauvögeln, Spechten, Pirolen und ähnlichen Vögeln. Das Weibhen legt ſein glänzend weißes Ei auf die flahe Erde und trägt es mit dem Schnabel in das zuvor erwählte fremde Neſt, nachdem es ein Ei herausgeworfen hat. Wenn der junge Honigku>u> etwas herangewachſen iſt, nah Verreaux' Beobachtungen etwa nah Monatsfriſt, beginnen die Alten, ihn zu füttern und fordern ihn auf, das Neſt der Stiefeltern zu verlaſſen. Verreaux beobachtete, daß ein Weibchen ſeine drei Eier in die Neſter von drei verſchiedenen kleinen Vögeln legte. Au<h Atmore bezeichnet den von ihm beobachteten Honigku>ud> als einen Schmarotzer, der ſeine Eier unter anderen einém Spechte und einem Bartvogel zur Bebrütung anvertraut.