Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, str. 533
BVirkthuhn: Verbreitung. Aufenthalt. Weſen. Nahrung. 491
nimmt der Vogel raſh an Anzahl ab: von Middendorff bemerkt, daß es am unteren Jeniſſei bis zum 67, Grade der Breite no< häufig, 2 Grad nördlicher aber niht mehr auftritt; wir haben es am unteren Ob bereits vom 65. Grade an vermißt.
Jm mittleren Deutſchland iſt das Birkhuhn ein Standvogel, wenn auch vielleicht nit im ſtrengſten Sinne; auf dem Hochgebirge und im Norden aber tritt es ziemlich regelmäßige Wanderungen an. So verläßt es, laut Tſchudi, in der Shweiz zweimal im Jahre ſeinen Wohnort und fliegt umher. Jm Simmenthale hat man beobachtet, daß es im Spätherbſte ziemlih regelmäßig nah den Walliſer Bergen hinüberſtreiht. Viele von den Wandernden kehren niht wieder zurü> in ihre eigentliche Heimat, werden verſchlagen und geraten in fremdes Gebiet. Jn den nördlihen Gegenden werden dieſe Wanderungen regelmäßiger; Radde beobachtete, daß es im Winter in zahlreihen Scharen vom Apfelgebirge zum mittleren Dnon wandert und hier auf den Jnſeln, die mit Weiden- und Balſampappeln beſtanden ſind, der reihlihen Nahrung halber Herberge nimmt. Gleiche Wanderungen laſſen ſi< für das mittlere Amurland nachweiſen.
„Das Virkhuhn“, ſchildert mein Vater, der es ebenfalls vortrefflich beobachtet hat, „iſt zwar auh ſ{<werfällig, wie das Auerhuhn, aber in allen ſeinen Bewegungen gewandter. Es läuft ſchneller als das Auerhuhn und trägt dabei den Leib wenig nah hinten geſenkt und den Hals vorgelegt. Auf den Bäumen iſt ſeine Stellung bald aufgerichtet, bald wageret; der Hals wird bald eingezogen, bald in die Höhe geſtre>t. Es ſteht lieber auf Laubals auf Nadelholzbäumen und iſt weit öfter auf dem Boden als das Auerhuhn. Ungeachtet der furzen Schwingen iſt ſein Flug doh ſehr gut, geht geradeaus, mit ungemein ſ{nellem Flügelſhlage und oft ganze Stre>en in einem Zuge fort; er rauſcht zwar auch, aber weit weniger als der des Auerhuhnes und ſcheint viel leichter zu ſein. Die Sinne ſind ſehr ſcharf. Es ſieht, hört und riet vortrefflih, iſt au< unter allen Umſtänden vorſichtig.“ Hierzu bemerkt aber A. Ludwig, daß ihm nach ſeinen Erfahrungen der Geruchsſinn weniger gut entwid>elt erſcheint als der des Geſichtes und Gehöres. Tſ<hudi ſagt, daß das Birkhuhn ein ziemli< dummer Vogel und der Ortsſinn bei ihm wenig entwidelt ſei, daß es ſeine angeborene Scheu und Wildheit häufiger als Vorſicht und Überlegung vor Verfolgungen rette: ih kann dieſe Behauptung nicht zu der meinigen machen, glaube vielmehr, ſtets das Gegenteil erfahren zu haben. Nur äußerſt ſelten läßt es ſih leiht berü>en; in der Regel- nimmt es, wie die Taube, das Gewiſſe fürs Ungewiſſe und ſu<ht jeder Gefahr ſobald wie mögli zu entrinnen. Die Stimme iſt verſchieden, je na< dem Geſchlechte. Der Lokton iſt ein helles, kurz abgebrohenes Pfeifen, der Ausdru> der Zärtlichkeit ein ſanftes „Ba> ba>“ das Lallen der Kinder ein feines Piepen; während der Balzzeit aber entwi>elt der Hahn einen Reichtum an Tönen, den man dem ſonſt ſo ſ<hweigſamen Vogel taum zutrauen möchte.
Hinſichtlih der Nahrung unterſcheidet ſich das Birkhuhn weſentli<h vom Auerhuhne: es nimmt unter allen Umſtänden zartere Nahrung als dieſes. Baumknoſpen, Blütenkäßchen, Blätter, Beeren, Körner und Kerbtiere bilden ſeine Äſung. Jm Sommer pflüt es Heidel-, Preißel-, Him- und Brombeeren, im Winter Wacholderbeeren, Hagebutten, verzehrt nebenbei die Knoſpen des Heidekrautes, der Birken, Eſpen, Haſelbüſche, Erlen, Weiden und Buhen, [Lebt au< wohl ausnahmsweiſe von jungen grünen Kiefernzapfen, wie uns die Unterſuchung der Kröpfe alter Hähne gelehrt hat, verſhmäht dagegen Nadeln faſt immer. Nach A. Ludwig nimmt es au<h Bucheln, Eicheln, Nadelholzſamen unddBlütenkäßchen der Birke. Ebenſo gern wie Pflanzenſtoffe nimmt es tieriſche Nahrung zu ſi: kleine Shne>en Würmer, Ameiſenlarven, Fliegen, Käfer und dergleichen; zumal die Jungen werden faſt aus\<ließli< mit zarten Kerbtieren geaßt. Die Wanderungen, die der Vogel im Norden unternimmt, geſchehen hauptſächlich der Nahrung halber. Wenn in Sibirien Froſtwetter eintritt,