Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, str. 535

Birkhuhn: Lebensweiſe. Balz, Balzruf. : 493

Jn Deutſchland beginnt die Balz, wenn die Knoſpen ‘der Birke aufſhwellen, alſo gewöhnlihh in der zweiten Hälfte des März, währt aber während des ganzen April fort und dauert bis in den Mai hinein. Doch kann ſich die Zeit, wie A. Ludwigs genaue Beobachtungen zeigen, je nah der Witterung immerhin um ein paar Wochen verſchieben; beſonders liebestolle, voreilige Hähne ſind gelegentlih au< ſhon Ende Februar gehört worden. „Meiſt ſind bei uns“, ſchreibt Ludwig, „bei regelre<tem Beginne dev Birkhahnbalz Hohl: und Ringeltauben zurügekehrt, haben ihre Stände bezogen und ru>ſen fleißig. Feldund Heidelerche üben ihre Hochzeitslieder, Bachſtelzen, Rotſchwänze und Singdroſſeln ſind angetommen, der Seidelbaſt ſteht an ſonnigen Südweſtwänden in voller Blüte und die erſten Veilchen finden ſih im Vorlande.“ Jn dem Hochgebirge wie in den Ländern des Nordens tritt die Balz ſpäter ein und kann bis Mitte Funi, ja ſelbſt bis zum Juli anhalten. Auch im Spätherbſte hört man zuweilen einzelne Birkhähne eifrig kollern, gleichſam als wollten ſie ſih vorbereiten und einüben; dieſe ſ<wachhen Verſuche haben jedoch mit der eigentlichen Balz kaum Ähnlichkeit. :

Der Virkhahn wählt zu ſeinem Liebesſpiele einen freien Plaß im Walde, am liebſten eine Wieſe oder Lehde, au< wohl einen Schlag, auf welchem die junge Baumſaat ihn noh niht hindern kann. Er erſcheint am Abende in der Nähe, tritt zu Baume und balzt hier in Unterbrechungen bis zum Einbruche der Naht. Früh in der Morgendämmerung verläßt ex die Shlafſtelle und begibt ſih auf den Boden hinab. Wo das Birkwild häufig iſt, ſammeln ſi auf günſtigen Plägen viele an, im Norden oft ihrer 30—40, manhmal 100. Der erſte Hahn, der ſich zeigt, „fällt ſtumm oder ziſchend ein“ wie Ludwig ſchildert, „verharrt 5—10 Minuten regungslos ſihernd und beginnt dann erſt, wenn er ſich vollſtändig ſicher wähnt, zu ſchleifen“, worauf die eigentliche Balz anfängt. Jm März und in den erſten Tagen des April wird ſie noh oft unterbrochen; ſpäter währt ſie den ganzen Morgen fort, und jeder einzelne Hahn beweiſt dann eine Ausdauer, die uns in Erſtaunen ſeßt: in Lappland hörte ih den Birkhahn von 11 Uhr abends an bis früh um 2 Uhr ununterbrochen balzen. Bei uns zu Lande pflegt er erſt mit Anbruch des Morgens zu beginnen, und ſo iſt es, laut T1chudi, auh im Hochgebirge. „Vor Eintritt der Morgendämmerung, beinahe eine Stunde vox Sonnenaufgang, hört man in den Alpen zuerſt den kurzen Geſang des Hausrötlings eine Weile ganz allein; bald darauf erwe>t der hundertſtimmige Schlag der Ringamſeln alles Vogelleben, vom düſteren Hochwalde bis zu den lezten Zwergföhren hinan, und exfüllt alle Flühen und Bergthäler; unmittelbar darauf, wohl eine ſtarke halbe Stunde vor Sonnenaufgang, tönt der klangvolle erſte Balzruf des Birkhahnes weit dur die Runde, und ihm antworten hier und dort, von dieſer Alpe, von jener Felſenkuppe, aus dieſem Krummholzdi>éiht und von jenem fleinen Bergthalwäldchen herauf die Genoſſen. Mehr als eine halbe Stunde weit hört man das dumpſe Kollern und ziſchende Fauchen jedes einzelnen aus allem Vögeljubel deutlih heraus.“

Die Balz ſelbſt iſt Liebestanz und Liebesgeſang zugleich und ſie diente dem oberbayriſchen „Schuhplattlertanze“ als Vorbild. Nachdem der eingefallene Hahn ſih überzeugt hat, daß alles ſicher iſt, läßt er zunächſt das Schleifen hören, ein merkwürdiges hohles Ziſchen, das Nilſſon niht übel durch die Laute t\{jo — y“, A. Ludwig dur „tſ<hu — hui‘ wiedergeben, obwohl es vielleicht noh rihtiger dur< „hj — <<“ ausgedrü>t werden dürfte, und daran reiht ſi das ſogenannte Kollern, das Bechſtein durc die Silben „golgolgolgolrei““/ Nilſſon aber, und meinem Gefühle nach rihtiger, dur die Laute „rutturu — ruttu vuifi -—- urr — urr — urr — rrreutturu — ruttu — rudi! zu übertragen verſuchte. Wenn der Hahn ſehr higig iſt, balzt er in einem fort, ſo daß Kollern und Schleifen beſtändig abzuwechſeln {einen und man den Anfang und das Ende eines Satzes kaum mehr unterſcheiden fann, und er wixft dann wohl auch einen kfrähenden Ton dazwiſchen. Es fommt bei ihm