Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, str. 389

Kapelan. Njelma. Sirok. Mokſun. Tſchotor. Sjeld. 349

Seehunde, ſondern auh die verſchiedenſten Raubfiſche nach, die aus ihrer Mitte ſih ihre Beute nehmen, und ſo lange die Laichzeit währt, nihts anderes freſſen als Lodden. Auf der Bank von Neufundland wird die Hälfte aller Kabeljaus mit Hilfe des Kapelanes gefangen; außer den Millionen aber, die man hierzu verbraucht, ſalzt man andere Millionen ein, tro>net ſie an der Sonne und verpa>t ſie, um ſie ſpäter zu gleihem Zwe>e zu verwenden.

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Unter dem Namen Renken (Coregonus) verſtehen wir mittelgroße und kleine Lachsfiſche mit ſeitli<h etwas zuſammengedrü>ktem Leibe, kleinem, engem, zahnloſem oder mit ſehr feinen, vergänglihen Zähnen bewehrtem Maule, mittelgroßen, leiht abfallenden Schuppen, kleiner Fettfloſſe und einer dicht vor den Bauchfloſſen beginnenden hohen Rü>enfloſſe. Die zu dieſer Gattung zählenden Lachſe, die in mehr als 40 anerkannten Arten die Gewäſſer der nördlichen Halbkugel bewohnen, ähneln ſi< in Geſtalt und Lebensweiſe ſo außerordentlich, daß ſie troz der ſorgſamſten Unterſuhungen noh keine8wegs mit genügender Sicherheit je nah Art oder Spielart unterſchieden werden konnten. Unſer Vaterland beherbergt mindeſtens ſe<82 Arten dieſer Gruppe; in den Seen Großbritanniens, Skandinaviens und Rußlands vorkommende Renken werden meiſt als von dieſen abweichende Arten angeſehen. Das verborgene Leben dieſer Fiſche, die nur zu gewiſſen Zeiten aus den tiefen Gründen, wo ſie ſi< umhertreiben, aufſteigen, um ihren Laich abzuſeßen, die Schwierigkeit, unerwahſene Junge zu erlangen, und die Ähnlichkeit der als wirklih verſchieden erkannten Arten erklären die vorſihtige Zurückhaltung, der ſih unſere Forſcher noh befleißigen, wenn ſie von den Renken ſprehen. F< lege dem Nachfolgenden von Siebolds Unterſuchungen zu Grunde und beſchränke mih auf die Beſchreibung der von ihm als Arten angeſehenen europäiſchen Arten der Gattung, glaube aber, zunächſt einiger in Sibirien lebender Renken gedenken zu ſollen, weil ſie als die bedeutſamſten Fiſche Nordaſiens bezeichnet werden und die Wichtigkeit ihrer Gattung für Fiſcherei und Handel am deutlichſten beweiſen dürften.

Jn dem gewaltigen Ob und ſeinen Zuflüſſen ſpielen gerade die Renken eine gewihtige Rolle. Der rieſige Strom beherbergt zwar Milliarden von Fiſchen, im Verhältnis zu ſeiner Waſſermaſſe und der Ausdehnung ſeines Stromgebietes jedo<h nur wenige Arten. Lachſe im engeren Sinne, und zwar die Renkenforelle (Salmo coregonoides) und unſere Äſche (Thymallus vulgaris), fanden wir ausſtließlih in den Gebirgsſeen und Bergflüßhen des Altai; Renken dagegen, insbeſondere die Njelma (Coregonus leucichthys oder nelma), der Sirof (Coregonus syrok), Mokſun (Coregonus muksun), Tſchofkor (Coregonus nasus) und Sjeld (Coregonus merkii), beleben Ob und Jrtiſh vom Obiſchen Meerbuſen an bis in die oberen Zuflüſſe in unendlicher Menge, und namentli< die erſtgenannten, die eine beträhtlihe Größe erreichen, ſind für die dortige Fiſcherei von der allerhöchſten Bedeutung. Alljährlich, vor oder nah dem Eisgange, beginnen ſie ihre Wanderung, ziehen in unſhäßbaren Scharen zu Berge, die einen dem Anſchein nah nur bis in die unteren Zuflüſſe, die anderen bis in das obere Stromgebiet vordringend, erreihen ihre Laichſtätten gegen Ausgang des Sommers pflanzen ſich um dieſe Zeit fort und kehren nunmehr langſam wiederum nac ihren Winterpläßen zurü>. Ob man leßtere im Eismeere ſelbſt oder im Obiſchen Meerbuſen zu ſuchen hat, iſt zur Zeit noh unermittelt: für das erſtere ſpricht die unermeßlihe Anzahl der wandernden Fiſche, für das leßtere die Vorliebe der Renken für ſüßes oder doh {hwach ſalziges Waſſer, wie der gedachte Meerbuſen ſolches unzweifelhaft beſizen wird. Die großartigen Wanderungen, während welcher wenigſtens einzelne der genannten Renkenarten, Berg- und Thalreiſe zuſammengere<net, ungefähr 7000 km zurüdlegen, geſchehen, wie bei anderen Lachſen,