Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, str. 446
406 Vierte Ordnung: Edelfiſche; neunundzwanzigſte Familie: Aalfiſc<he.
engen Schlauch, der vom Kopfe bis zum Bauche verläuft und ſih nirgends eigentlih erweitert. Legt man das Fiſchchen auf Glas und hält man es dann gegen das Licht, ſo fann man den Verlauf dieſes Verdauungsſclauches deutli ſehen.
Pennant erhielt den erſten Glasaal aus der Gegend von Holyhead; ſpäter wurden binnen wenigen Jahren etwa 20 Stü an den verſchiedenſten Teilen der Küſten Großbritanniens gefangen. An einem davon beobachtete man eine auffallende Zählebigkeit. Das Tierchen wurde nah dem Fange in Papier gewi>elt, um es an einen Kundigen zu ſenden, blieb 3 Stunden in dieſer Lage, zeigte dann no< Leben und erholte ſich, in Salzwaſſer gebracht, wieder ſo weit, daß es no< mehrere Stunden aushielt. Seine Bewegungen ſollen ſehr anmutig geweſen ſein; Bennett, der ſolche Fiſhchen auf hohem Meere fing und unmittelbar darauf in Gefäße mit Seewaſſer brachte, vergleicht ihre Bewegungen mit denen des Aales, und zwar auch rü>ſi<tli< der Behendigkeit und Gewandtheit, welche die ſonderbaren Geſchöpfe bekunden.
Obgleich das Fleiſch des Seeaales niht gerade in beſonderer Achtung ſteht, wird ſein Fang doch eifrig betrieben, weil jenes als billige Nahrung geſucht wird. Früher tro>nete man an den engliſhen Küſten viele dieſer Fiſche zur Ausfuhr nah Spanien und Südfrankreich, zerkleinerte hier oder dort das Fleiſh zu einem groben Pulver und verwendete es zur Bereitung von Suppen und ähnlichen Speiſen. An den Küſten von Cornwall benußt man zum Fange vorzugsweiſe Lang- und Handleinen, deren Angeln mit Pilchards geködert werden, während man an der franzöſiſchen Küſte den Sandaal jedem anderen Köder vorzieht. Je dunkler die Naht, deſto reichlicher iſt die Beute. Couch verſichert, daß drei Mann zuweilen bis 2000 ks dieſer Fiſche in einer einzigen Nacht erbeuten. Auf den Orkney-FJnſeln verhilft der Fiſchotter, der dort bekanntlih ins Meer geht, den Küſtenvewohnern oft zu einem Gerichte Seeaale, indem er von den erjagten und ans Land geſchleppten Fiſchen nux ein wenig frißt und das Übrige für die liegen läßt, die ſeine Aufenthalt8orte und Schlupfwinkel kennen gelernt haben und ſih die Mühe nicht verdrießen laſſen, jie regelmäßig abzuſuchen.
Gefangene Seeaale gewöhnen ſi< ſelbſt in engen Be>en binnen kurzem ein, wählen irgend einen paſſenden Schlupfwinkel zu ihrem Aufenthalte, verbergen ſi gelegentlih auch unter einer lebenden Seeſchildkröte und verweilen hier während des Tages in träger Ruhe, wogegen ſie des Nachts faſt ununterbrochen in Bewegung ſind. Jhr ewiger Heißhunger befreundet ſie bald ſo innig mit ihrem Pfleger, daß ſie angeſichts einer ihnen vorgehaltenen Speiſe auh bei Tage ihr Verſte> verlaſſen und zuleßt das ihnen vorgehaltene Futter furchtlos aus der Hand nehmen. Bei reihliher Nahrung wachſen auch ſie ungemein raſh heran.
>
Bei den alten Römern ſtand das Fleiſch eines Aalfiſhes, der Muräne, in hohen Anſehen. Jhr zuliebe dämmten ſie Teiche und Meere ein und beſeßzten dieſe reihli<, um ſtets den nötigen Bedarf für ihre Schwelgereien bei der Hand zu haben. Nah Angabe von Plinius war es Hirius, der zuerſt einen ſolhen Teich anlegte und ſo ſtark bevölkerte, daß er bei Cäſars Triumphzuge ſeinen Freunden 6000 Stü auf die Tafel bringen konnte. „Von Crass0 dem Römer wird geſchrieben, daß er in einem Weyer habe einen fehr ſ{hönen groſſen Mur-aal gehabt, welchen er ſehr geliebet, ihn mit güldenen Kleinoden gezieret, wel<her Mur-aal die Stimm des Crassì exkennet, ihm nach an das Ufer geſ<hwummen, und Speiß auß ſeiner Hand geſſen habe: welher Fiſh als er geſtorben, ſol der Crassus umb ihn getrauret, ihn begraben und beweinet haben.“ Wenn eine Geſchichte, die außerdem erzählt wird, ſih wirklih zugetragen, verleitete die Muräne andere Römer zu den größten Scheußlihkeiten. Vidius Pollio nämlich ſoll in Erfahrung gebracht haben,