Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, str. 447
Seeaal. Muvräne. 407
daß die beſte Maſt der Muräne Menſchenfleiſh ſei, und dieſem Wahne mehrere ſeiner Sklaven geopfert, d. h. deren Vergehen dur<h Ga in den Muränenteichen beſtraft haben!
Jedenfalls gehörte dieſer Fiſh zu denen, welche die Alten am genaueſten kannten oder zu kennen meinten; denn gar ſonderbare Dinge wurden erzählt von ſeinem Weſen und ‘Gebaren. Abgeſehen von dem Berichte der „wunderbaren Vermiſhung mit den irrdiſchen S<hlangen oder Natern, welches niht allein von den Heyden, ſondern au<h von etlichen berühmten Theologen und Außlegern der heiligen Schrift als ein warhafftige Art auß der Sag deß gemeinen mans geſchrieben worden“, berichtete man noch viel von Feindſchaften und Kämpfen der Muränen, laut Gesner, welcher allen Stoff redlich zuſammengetragen, zunächſt no< Folgendes: „Der Mur-aal ſol von mittler Art ſeyn unter denen, ſo ſih nahe an dem Ufer halten, und denen fiſchen, ſo in tiefem Meer wohnen, dann ſie gemeiniglih gefangen werden in den Löchern der Steinen und Felſen, ſo voller kleiner
Muſchel-fiſchen ſind: Sie ſind fleiſhfräſſig, haben einen ſondern Luſt an dem groſſen Kuttelfiſh zu ihrer Nahrung, lieben die ſüſſe und geſalzene Waſſer, wiewohl ſie in keine Flüſſe herauff kommen ſollen, können lange Zeit auſſer dem waſſer leben nah Art der älen, dann ſie haben fleine und wenig Fiſhohren. — Sie leychen dur< das ganße Jahr, und haben feine gewiſſe Zeit, nah Art der andern Fiſchen, leyhen in groſſer Menge kleine Nögling oder Eyer, welche in kurzer Zeit in gute Gröſſe erwachſen. Durch den Winter halten ſie ſih verborgen in den Löchern, und werden ſelten zur ſelben Zeit gefangen. — Zu meren iſt, daß dieſe fiſche ihr Leben in dem Schwanz haben ſollen, und ſo man denſelben ſ{hläget, ſo ſterben ſie alſobald, ſo man ihnen aber den Kopff ſ<hläget, ſterben ſie niht ſo leiht, ſondern mit groſſer Mühe. — So dieſe fiſche Eſſig verſuchen, werden ſie ganß wütend, dann ſie kämpfen, ſtreiten, verleßen und beſchirmen ſi<h mit ihren Zähnen, welche beſtehen auß zweyfacher Ordnung. Dem Mur-aal iſt er feind, frißt ihm ſeinen Shwanß ab. Einen tödtlichen Haß haben zuſammen, der Muxr-aal, groß Kuttel-fiſ<, und Meerſtöffel Locusta genannt. Dann ob gleihwohl der groſſe Kuttel-fiſh ſi< verwandeln kan in die Farb der Steinen, an welchen er klebt, hilft es ihn doh nichts, dann dem Mur-aal iſt dieſes wohl bewuſt, dann ſo er ihn in der Höhe herumb ſ{<hweiffen ſiehet, ſo ſheuſt er auff ihn, ergreift ihn mit ſeinem Biß, zwingt und treibt ihn zu kämpfen, ſo lang biß er ermüdet, ſeine Arm abgebiſſen, gefreſſen, und den andern Leib in ſtü>e zerriſſen hat. — Dargegen reißt der Meer-ſtöffel, ſo da iſt auß der Art der Meer-krebſen, den Mur-aal zum Kampff, mit ſondern Liſten, in dem daß er in die Löcher der felſen, in welchen der Mur-aal wohnet, ſeine Hörner ſtre>et, von welchem der Mur-aal ergrimmet, ihme den Kampff hält, und wiewohl der Mur- aal mit groſſer Ungeſtümme ihn anfällt mit ſeinem Biß, fan er ihn doh nicht beſhädigen, auß Urſa daß er mit einer harten Schalen voller ſharpfen Spißen bede>et iſt. Der Krebs aber faſſet den Mur-aal in ſeine Scheren, läſt niht nah, ſo lang der Mur-aal ſi<h umb ihn her umb die Spitz windet, alſo ſi ſelbſt verwundet und ſtirbet 2c.“
Es läßt ſih annehmen, daß dieſe Berichte nur zum geringſten Teile richtig ſind; etwas Wahres aber wird ſiherli<h an ihnen ſein. Von den neueren Beobachtern erfahren wir über die Muräne ſoviel wie nichts.
Die Muräne (Muraena helena, romana und guttata, Muraenophis helena, Gymnothorax muraena), Vertreter der Gattung der Muraale (Muraena), unterſcheidet ſi< von den Verwandten durc das Fehlen der Bruſtfloſſen, iſt plump gebaut, beſißt Nücken-, Aſter- und Schwanzfloſſe, eine ſehr kleine Kiemenöffnung an jeder Seite, ſpißige, lange Zähne in einer Reihe oben und unten und eine ſ{huppenloſe Haut. Die Grundfärbung des Vorderleibes iſt ein ſhönes, lebhaftes Gelb, die des hinteren geht ins Bräunliche über; die Zeichnung beſteht aus braunen Marmelfle>en, die dur dunkleBinden umſchloſſen und voneinander abgegrenzt werden. An Länge ſoll die Muräne bis gegen 1,5 m, an Gewicht bis 6 kg