Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, str. 284

244 Manteltiere. Erſte Drdnung: Sa>tiere.

Die größte bekannte Art von einfachen Ascidien, die 30 em lange und 15 em breite A scopera gigantea, ſtammt aus mehr flahem Waſſer (274 m), aber die ſchönſte von allen, Hypobythius calycodes (\. untenſtehende Abbildung), einem gebu>elten Glasgefäß vergleichbar, ſtammt aus der größten Tiefe, in welcher Ascidien jemals gefunden worden ſind, nämli<h aus der von 5303 m im nördlichen Stillen Dzean.

Eine mit den einfachen Ascidien ſehr eng zuſammenhängende Gruppe iſt diejenige der geſelligen Ascidien, wohin die in der Nordſee und den mehr nördlichen Meeren lebende Clavellina lepadiformis (f. Abbild. S. 245, oben) gehört. Die Geſelligkeit derſelben iſt keine freiwillige. Der Mantel entſendet wurzelartige Fortſäße, von welchen ſih Knoſpen erheben, die nah und nach zu neuen Fndividuen heranwachſen, ohne ſich von ihren Nachbarn und dem Stammtiere zu trennen.

Jn weit innigerem Kontakt ſtehen aber die Fndividuen derjenigen Sippen beiſammen, welche die dritte Abteilung, die zuſammengeſeßten Ascidien, bilden. Die Einzeltiere ſind in dieſem Falle ſehr unanſehnlich, häufen ſi<h aber unregelmäßig oder zu beſtimmten Syſtemen geordnet in einer gemeinſamen gallertigen oder knorpeligen Maſſe an. Die zu einem Syſtem gehörigen oft ziemlich zahlreichen Fndividuen ſind um eine gemeinſchaftlihe Auswurfsöffnung gruppiert.

Über Lebensweiſe, Bau und Vermehrung dieſer zuſammengeſeßten Ascidien hat A. Giard ſehr ſchöne und ausgedehnte Beobachtungen an der Küſte des nördlichen und weſtlichen Frankreich angeſtellt. Fhre Kolonien trifft man vorzugsweiſe an Stellen, wo ſie der direkten Sonne nicht ausgeſegßt ſind, an der Unterfläche von Steinen und überhängender Felſen, zwiſchen Tang und Seegras, in leeren Schne>enhäuſern und Muſchelſhalen. Da aber gehören ſie zu den gemeinſten Vorkommniſſen, dur bläuliche, gelbliche oder rötliche Färbung in die Augen fallend. Am häufigſten ſind ſie in der Küſtenzone an und unmittelbar unter dem Waſſerſpiegel. Gewiſſe Arten ſiedeln ſich in größerer Tiefe, etwa 20—30 Faden, an; zu den eigentlichen Tieſſeetieren gehören ſie niht. Das Ausſehen der Stö>e iſt oft ſehr abhängig von dem Orte und der Beſchaffenheit der Unterlage. So nimmt, na<h Giard, das Amarnucium densum, auf Seegras angeſiedelt, die Geſtalt eines Pilzes mit kurzem Stiele an, während es am Felſen eine bloße Kruſte bildet.

Eine ſehr eigentümliche Wandlung erleiden nah demſelben Forſcher dieſe Ascidien während des Winters. Bei dem ſ{hön wachsgelben Didemnum cereum, das zu den mit zierlichen mikroſkopiſchen Kalkkörperchen erfüllten Arten gehört, ſah ex nach den erſten falten Herbſttagen eine Verfärbung der Weichteile ins Dunkle eintreten, verbunden mit einer außerordentlichen Vermehrung der Kalkkörper. Bei Amarucium densum erfolgte vom Rande der

Hypobythius calycodes. 1/1 nat. Größe.