Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, str. 637

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daß er ſie mit einem ſoliden Schleier bede>t. Fndem nämlich die weichen Auskleidungen des gekammerten unteren Endes ſi< alleſamt lodern und zu gleicher Zeit etwas heben, wird eine horizontale Scheidewand abgeſondert. Es iſt nun klar, daß bei den Korallen ein großer Teil des Materials, welches im Skelettſtofſwechſel der höheren Tiere verloren geht, hier konſerviert wird, als tote Vergangenheit in unmittelbarem Zuſammenhange mit den noch belebten Hartteilen des Jndividuums bleibt und mit denſelben den ſogen. Sto> bildet. Es iſt bisher von den Korallentieren nur die Rede geweſen als vollſtändig iſolierte, für ſih beſtehende Jndividuen; faſt alle Gattungen der Aktinien und der Pilzkorallen gehören hierher. Bei den allermeiſten Arten bleibt es aber niht bei der Ausbildung der Einzelindividuen; vielmehr gibt das Einzeltier ſeine Jndividualität in geringerem oder höherem Grade auf, und es entſtehen die zuſammen geſeßten Stöcke. Sie ſind ein Reſultat der Vermehrung dur< Teilung oder Knoſpung. Alle Polypen legen wenigſtens zu einer gewiſſen Zeit Eier. Die dieſen Eiern entſchlüpfenden jungen Weſen {wärmen eine kurze Periode frei im Meere um- E — N her, und es entfaltet ſi<h nun erſt der Bau, von dem bisher die 777 M D Rede geweſen. Bei den meiſten iſt aber hiermit der Grund ge- \\\\ |||) \

legt zu einex Kolonie, indem jene ſeßhaft gewordenen Jndividuen ſih dur< Teilung oder Knoſpenbildung vermehren. Wie die Teilung vor ſih geht, iſt aus nebenſtehendem Umriß der Caulastraea furcata zu erſehen. Was jeßt als der einfache Stiel des gabeligen Sto>es erſcheint, war einſt das Gründerindividuum. An der Grenze des derart eigentümlihen Höhenwahstums angekommen, zog ſi<h der beim Einzeltier runde Mund in die Quere, das ganze Tier wurde breiter und eine allmähli<h auftretende Längsfurche zeigte an, daß auh im Fnneren während des fortſchreitenden Längenwachstums tief eingreifende Veränderungen vor ſih gingen. Gewöhnlich aber pflegt die Mundbewegung .

der beiden Teilſprößlinge den anderen Umbildungen vorauszu- "> lide GE eilen, wie wir das an dem linken Teile des Stokes der Caul-

astraea ſehen, wo zwei Mundöffnungen von einem Tentakelkranz umgeben ſind. Noch iſt die Wirtſchaft in der Hauptſache eine gemeinſchaftlihe; eine kurze Zeit, und die Zweieinigkeit hat ſih, wie der rete Teil des Bildes veranſchaulicht, in eine Zweiheit aufgelöſt. Unſer Beiſpiel zeigt auh, welhe Formenveränderungen dur geringe Unregelmäßigkeiten hervorgerufen werden können, die in leßter Linie immer von den zufälligen Abweichungen in der Ernährung der einzelnen Fndividuen abhängen. Die erſte Teilung der Caulastraea war eine gleihmäßige Gabelung. Die zweite Gabelung ſollte eigentlich vier Teile in gleiher Höhe bringen; ſtatt deſſen ſchreitet das eine Fndividuum ſpäter zur Teilung. So kommt es, daß kein Sto> einem anderen derſelben Art völlig gleicht.

Die Sonderung der Kelche und der ganzen Fndividuen iſt bei dem von uns gewählten Beiſpiel eine ſo vollſtändige, daß die einzelnen Fndividuen ganz auseinander gerüd>t ſind und jedes mit einer geſamten Leben3ökonomie auf dem gemeinſamen abgeſtorbenen Stoke iſoliert iſt. Das iſt aber nicht die Regel. Wir wollen das jedoch erſt dann erklären, wenn wir uns über die Knoſpung verſtändigt haben. Beiſpiele dieſer Vermehrungsweiſe haben uns ſchon verſchiedene Tiergruppen, namentli<h die Moos- und die Manteltiere, gegeben. Auch bei den Polypen tritt, wo eine Knoſpe ſi erheben ſoll, ein erhöhter Stoffwechſel ein, es erhebt ſti< eine ſtarke Anſhwellung, und die ganze Knoſpe iſt in allen ihren Teilen eine Neubildung. Fndem nun jede Gattung und Art ihre Beſonderheiten der Knoſpung

bewahrt, die Knoſpen bald oben am Kelche, bald in der Mitte, bald mehr nah unten 37*