Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, str. 653
592 Hohltiere. Zweiter Unterkreis: Neſſeltiere; zweite Klaſſe: Blumenpolypen.
etwas unter den Felſen anzuſiedeln; das direkte Sonnenlicht vermeidet er. Fn Fort Genois, Bona, auf den Niffen halbwegs zwiſhen Bona und Fort Genois, in Lacalle, im Hafen von Algier, ſieht man in geringer Tiefe an den Abhängen der Felſen ſchöne orangerote Streiſen mitten unter den dicht und haufenweiſe wachſenden Organismen, wie Korallinen, Melobeſien, Shwämmen, Wurmſchne>en, Moostieren 2c., kurz, unter jener Fülle verſchiedener Weſen, welche ſih unter der Strandzone entwi>eln, in dieſer luſthaltigen Schicht den Kampf um das Daſein kämpfen und jene flächenhaften Anhäufungen bilden, welche de Quatrefages in ſeinen reizenden „Erinnerungen eines Naturforſchers“ („Souvenirs d’un Naturaliste“) und feiner Sizilianiſchen Reiſe“ (,„ Voyage en Sicile“) geſchildert hat. Wo ſie am beſten gedeihen und am dichteſten ſtehen, in einigen kleinen Buchten, entblößt ſich bei jedem Zurückrollen einer Welle ein roter Streifen. Die beſte Unterlage für das Anſeßen und die Ausbreitung der Polypen bilden harte Geſteine, Gneiße und Glimmerſchiefer, wie ſie ſih bei Fort Genois und Bona finden. Ganz anders iſt es bei Lacalle, wo die Küſte aus einem brö>eligen Sandſtein beſteht. Fn dieſem höhlt das nimmer ruhige Meer ſenkrechte, ſhornſteinähnlihe Löher aus, oft ſo weit, daß ein Menſch in ihnen Plag findet. Aus dieſem Material beſteht auch die kleine vor Lacalle liegende Jnſel Maudite. Jhre Ufer ſind ganz von dieſen Höhlungen und Röhren durchjeßt, aber auch in denen, welche, unten geſchloſſen, am günſtigſten zur Aufnahme der Polypen zu ſein ſchienen, fand Lacaze-Duthiers dieſelben nur ſparſam und von geringerer Größe, während in den an beiden Enden offenen, dur< welche das Waſſer bei einigem Wogengang mit Gewalt getrieben wird, gar keine Anſiedelung von Polypen und anderen Tieren ſih halten kann. Dieſelbe Erſcheinung kann man in den feſteren vulkaniſchen Felſen des kleinen Hafens der Weſtküſte von Capri, der ſogenannten piccola marina, beobachten, wo die anbrauſenden, ſi<h in die Höhlungen preſſenden Wogen di>e Strahlen oben hinaustreiben und tieriſhes Leben niht auffomnt.
Trog alledem gab es an der Jnſel Maudite noch ſo viele Astroides, daß im Monat Juni täglich friſches Material in die Gefäße zur Unterſuchung geſeßt werden konnte und daß Lacaze-Duthiers wiederholt, mit einer Hand ſ<hwimmend, mit der anderen die in dem friſtallhellen Waſſer leiht erkennbaren Larven direkt in das Glas ſchöpfen konnte. Die auf dieſe Weiſe ohne die mindeſte Verlegung und Störung gefangenen Tierchen ſebten ſich am ſchnellſten an den Wandungen des Gefäßes feſt. Die einfachſte Weiſe, die Larven zu ſammeln, iſt, ganze Stö>e in ein größeres Gefäß zu bringen, wo dann, indem man die einzelnen Kelche drü>t oder öffnet, die Jungen ſehr bald und in Mengen zum VorGein kommen und ſich mit einer kleineren Schale von der Oberfläche gleihſam abnehmen laſſen. Unter Beobachtung der allen Waſſertiere unterſuchenden Zoologen bekannten Vorſichtsmaßregeln, öſtere täglihe Erneuerung des Waſſers, Durchlüftung desſelben und anderes, ließen ſi< in den Sommermonaten die Larven an der afrikaniſchen Küſte troß der Hiße mehrere Tage bis 2 Monate lebendig erhalten, und konnte ihr Übergang in den ſeßhaſten Zuſtand genau beobachtet werden. Die Jungen kriechen in der großen gekammerten Magen- und Leibeshöhle der Mutter aus dem Ei und ſhwimmen eine Zeitlang in den mütterlihen Räumen munter umher, bis ſie entweder zufällig oder freiwillig den Ausweg durch den Mund finden oder dur< Preſſen und Zuſammenziehungen der Nutter zur Selbſtändigkeit entlaſſen werden. Die länglichen, kleinen Würmchen gleichenden Larven haben ein etwas verdi>tes Hinterende, das beim Shwimmen aber vorangeht. Am anderen Ende hat ſi ſehr bald nah dem Auskriehen der Mund bemerktlih gemacht. Sie können übrigens ihre Geſtalt außerordentlich verändern und ſhwimmen vermittelſt ihres Wimperfleides ſchr gewandt und lebendig. Bei einigen dauerte dieſer freie Zuſtand, wie geſagt, über 2 Monate; die gewöhnliche Zeit, welche ſie nah der gewaltſamen Geburt bis zur