Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6
Spirostomum. Bau dev Fufuſorien im allgemeinen. 671
Darmkanal haben. Vielmehr iſ ihr JFnneres mit Sarkode erfüllt, welche niht ſcharf gegen die Rindenſarkode abgeſeßt iſt, und in dieſe Subſkanz hinein gelangen die Speiſen und werden von derſelben verdaut bis auf die Reſte, welche dur< eine beſtimmte Offnung entleert werden. Es hat etwas unſeren, aus dem täglichen Leben geſchöpften Anſchauungen durhaus Widerſprehendes, daß es Tiere geben könne, bei welchen hinter dem Schlunde weder Magen no< Darm, ſondern ein bloßer „Verdauungsraum“ ſich befinden ſoll, und derſelbe no< dazu erfüllt mit einer zum Tiere gehörigen und in eigentümlicher Bewegung kreiſenden Subſtanz. Denn in der That, die das Fnnere der Fufuſorien füllende Sarkode bewegt ſi< ſamt den aufgenommenen Speiſeteilen. Uns beſchäftigt niht die phyſiologiſch-phyſikaliſche Löſung dieſer Thatſache, wir haben dieſelbe nur mit der gleichen zuſammenzuhalten, der wir ſchon auf Seite 205 bei der Schilderung der Strudelwürmer Erwähnung gethan haben.® Demjenigen, der ſehen will, wird das Verwandtſchaftsverhältnis der Jnfuſorien zu jenen niederen Würmern um fo klarer, als auch die äußere Körperform vieler ganz bewimperter Fnfuſorien, die Bewimperung ſelbſt, endlih das Vorkommen gewiſſer ſtabförmiger Neſſelorgane in beiderlei Organismen die deutlichſten Fingerzeige geben. Á
Die verdauende Protoplasmamaſſe wird uns aber weniger wunderbax erſcheinen, wenn wirx uns unten no< mit ganzen Tier- oder Weſensklaſſen werden bekannt gemacht haben, welche in noch einfacherer Weiſe als die Fnfuſorien vermittelſt ihres Protoplasmas Nahrung aufnehmen und verdauen.
Eine ſehr wichtige Nolle im Stoffwechſel der Fnfuſorien ſpielen die zahlreichen dunkeln, im Entoſark gelegenen Körperhen. Jhre Größe iſt verſchieden, ihr Bau inſoweit kompliziert, als ſie einen dunkleren zentralen Teil und eine hellere peripheriſhe Schicht beſißzen. Ludwig Rhumbler, ein Schüler Göttes in Straßburg, hat über dieſe Körperchen ſehr intereſſante Unterſuchungen, beſonders am Jnfuſor der Heuaufgüſſe, Colpoda cuculanus, gemacht. Er nennt ſie „Aſſimilationskörperhen“, die helle, peripheriſche Schicht „Aſſimilationszone“ und die dunkle Binnenmaſſe „Einſchlüſſe“.
Die Körperchen liegen da am dichteſten, wo die Nahrungsballen im Entoplasma ſich befinden, alſo am hinteren Körperende, und ihre Aufgabe iſt, die brauchbaren Stoffe der aufgenommenen Nahrung in Protoplasma umzubilden, während die unverwertbaren durch den After ausgeſtoßen werden. „Die Aſſimilation“, fährt Rhumbler fort, „kommt nur unter Beihilfe von ſauerſtoffhaltigem Waſſer zu ſtande, das von außen in den Fnfuſorienkörper aufgenommen wird, die hellen Zonen der Aſſimilationskörperchen durhſeßt und dann na<h Abgabe des Sauerſtoffes (Atmung) wieder von der Vakuole na<h außen geworfen wird. Die Aſſimilationskörperchen geben ihr aſſimiliertes Protoplasma zum Zwe> von Neubildungen und zum Zwe> des weiteren Wachstums an das übrige Entoplasma des Jnfuſorienkörpers ab. Als Endprodukt des Stoffwechſels ſcheiden ſie in ihrem Fnneren Harnſäure ab, welche ſi< dort anhäuft und die Aſſimilationskörperchen \<hließli<h zum Zerfall bringt. Dabei wird ihre äußere Protoplasmazone wieder an das Entoplasma abgegeben, die Krümel der zerfallenen Harnſäureballen aber werden durch die pulſierende Vakuole nah außen geworfen. Dieſe hat eine doppelte Aufgabe. Einmal ſchafft ſie das Nebenprodukt der Aſſimilation, die Harnſäure, na< außen, dann aber bewirkt ſie die Durchfuhr des ſauerſtoffhaltigen Waſſers durch den Fnfuſorienorganismus. Sie iſt alfo gleichzeitig ExkretionS8organ und ein die Reſpiration vermittelndes Organ. Aſſimilation und Atmung ſind hier in einem Prozeſſe vereinigt.“
2 Wir müſſen jedo< erwähnen, daß von verſchiedenen Seiten die fragliche Eigenſchaft der Strudelwürmer mit gu:en Gründen beſtritten wird.