Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6
672 Urtiere. Erſte Klaſſe: Jnſuſorien; erſte Unterklaſſe: Wimperinfuſorien.
Eine ſtrenge Sonderung der Fnfuſorien in Fleiſch- und Pflanzenfreſſer iſt niht dur<hzuführen; ſie nehmen auf, was von mikroſkopiſchen Organismen ihnen vor den Schnabel fommt, und das ſind vorzugs1weiſe <lorophyllhaltige Pflänzchen. Kleinere Fnfuſorien werden zwar gelegentlih von den athletiſhen Formen ihrer Zunft verſhlu>t, das ſind aber doh nur Ausnahmen, während ſie in dex Regel im ſtande ſind, dem gefährlichen Strudel ſich durch die Flucht zu entziehen. Die Hauptnahrung der Jnfuſorien beſteht in denjenigen niedrigſten Pflanzen, die man als einzellige Algen, Navikulaceen und Oscillatorien und deren Anhang kennen lernt. Die ſ{<hmutzigen Flocken, welche beſonders auf ſtehenden Gewäſſern während der Sommerszeit erſcheinen, beſtehen faſt ausſ<ließlih aus
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Kopulation von Paramaecium Aurelia. Sdematiſh.
dieſen niederen Organismen, und zwiſchen ihnen und auf ihre Koſten entfaltet ſich die Jnfuſorienwelt.
Über die Nahrung der Jnfuſorien hat Max Meißner experimentell gearbeitet und dabei gefunden, daß viele, wenn ſie keine andere Nahrung haben, aufgenommene Stärke in eine Subſtanz verwandeln, die vielleiht Dextrin iſt und ſpäter im Körper gelöſt wird. Öl verändert ſih aber nicht im Jnfuſorienkörper. Eiweiß hingegen, tieriſches wie pflanzlihes, wird leicht gelöſt, geko<htes aber erfährt anſcheinend feine Veränderung.
Die Jnfuſorien entſtehen und vermehren ſi< dur< natürlihe Fortpflanzung; dieſe Vorgänge beanſpruchen aber niht, wie bei den höheren Tierklaſſen, Monate, ſondern Tage oder ſogar nur Stunden. Die Fortpflanzungsverhältniſſe bieten, ſoweit wir ſie kennen, viel Fntereſſantes. „Teilung und Knoſpenbildung, vielleiht au<h innere Keimbildung, müßten, miteinander vereinigt (ſo faßt Bronn die Angaben darüber zuſammen) in Verbindung mit der Kürze der Zeit, nah welcher ein junges Tierchen ſelbſt wieder vermehrungsfähig wird, zu ganz ungeheueren Zahlenergebniſſen führen, wenn nicht die Erſchöpfung des ſih vermehrenden Jndividuums denſelben eine Grenze ſezte. Man muß daher die wirklih beobachtete Vermehrung von der bloß auf einige Fälle hin bere<neten wohl unterſcheiden. So bedarf die Teilung einer Vorticelline nur dreiviertel bis eine Stunde, was, da jedes Teilganze anfangs ſih eben ſo bald wieder teilen fann,
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