Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6
674 Urtiere. Erſte Klaſſe: Jnfuſorien; erſte Unterklaſſe: Wimperinfuſorien.
und haben ſowohl ihre ſpindelförmige Geſtalt als auch ihre ſtreifige Struktur vollfommen eingebüßt (Fig. 8). Später ziehen ſie ſi<h wieder in die Länge und liegen nun parallel der Längslinie der Fnfuſorien, während ſie beim Heranwandern mehr ſenkre<ht zu dieſer geſtanden hatten. Nachdem die ſo veränderten Nebenkerne ſih wieder voneinander entfernt haben, rüden wahrſcheinli<h die beiden anderen heran und machen denſelben Prozeß dur<, ftopulieren ſi<h und trennen ſi<h wieder. Mittlerweile iſt das erſte Paar etwas herangewachſen, und das geſchieht nun au<h mit dem zweiten; alle vier Nebenkerne werden zu vier homogenen blaſſen Kugeln (Fig. 9), deren alſo jedes Fnfſuſorium zwei enthält. Um dieſe Zeit iſt die Konjugation beendet, und man findet öfters Pärchen, welche im Begriff ſind, ſich zu trennen und nur no< mit den Lippenwülſten zuſammenhängen. Die Trennung kann auch etwas ſpäter erfolgen, und dann finden wir die homogenen Kugeln zu langen, ſtreifigen Spindeln umgewandelt, d. h. mit anderen Worten, die vier Nebenkerne im Begriff, ſih zu teilen (Fig. 10).
„Es gehen alſo aus der Konjugation Fndividuen hervor, welche vier Nebenkerne beſißen; dieſe teilen ſi< aber gleih wieder und zwar zu der Zeit, wo au<h am großen Kerne des Paramäciums Veränderungen eintreten, welche deſſen ſpäteren Zerfall vorangehen, d. h. wo dieſer in ein geſhlungenes Band auszuwachſen beginnt. So erhalten wir alſo Jufuſorien mit aht Kugeln, welche dur< Teilung der urſprünglichen beiden, die Konjugation eingegangen habender Nebenkerne entſtanden ſind.“
Das Band zerfällt nun in ungleich große, unregelmäßige Ballen, wel<he dur< das ganze Jnfuſor zerſtreut liegen und ſi< dur ihr Anſehen von den helleren, Körnchen enthaltenden Nebenkernen unterſcheiden. Die acht Nebenkerne treten zu zwei, auh räumlih getrennten Gruppen zu je vier zuſammen: die einen derſelben bilden na<h Gruber durch Zuſammenwachſen den neuen Haupt-, die anderen den neuen Nebenkern, jener von vornherein anders beſchaffen als dieſer, größer, dunkler und keine Körnchen enthaltend. Die Reſte des alten Hauptkernes ſind kleiner und kleiner geworden, endlih haben ſie ſi< ganz aufgelöſt. Jett tritt der Nebenkern an den neuen Hauptkern heran, ſ{hmiegt ſih ſogar etwas in ſeine Subſtanz hinein, und das Jnſuſor erſcheint ſo beſchaffen, wie es vor der Konjugation war.
Auf dieſe folgen nun wiederholte Teilungen der beiden vereinigt geweſenen Fnfuſorien, aber niht ins Unendliche fort, von Zeit zu Zeit müſſen dur<h Teilung hervorgegangene Individuen aufs neue Konjugationen eingehen. Geſchieht das niht, ſo degeneriert nach den Unterſuhungen von Maupas die Nachkommenſchaft immer mehr, ſie wird fleiner, die Geſtalt ihres Körpers und ihres Kernes ändert ſich, ſie büßen ihr Flimmerkleid teilweiſe und damit die Fähigkeit genügender Beweglichkeit und Nahrungsaufnahme ein und gehen ſ<ließlih an Marasmus zu Grunde. Teilung ohne Konjugation wirkt alſo ähnlich wie fortgeſetzte Fnzucht, und es iſ gewiſſermaßen au< für die Fnfuſorien das, was man bei Haustieren als „Auffriſhung des Blutes“ bezeihnet, nötig.
Nicht wenige Jnfuſorien umgeben ſi beim Eintro>nen der Gewäſſer mit einer ſhüßenden Hülle, incyſtieren ſih, um im eingetro>neten Shlamme neues Auſleben zu erwarten oder im Staube über Berg und Thal getragen zu werden. Sie teilen dieſe Zählebigkeit, wie wir wiſſen, mit vielen anderen niederen Organismen und deren Keimen, und die Erkenntnis dieſer Verhältniſſe hat längſt der ehemals als ein Wunder angeſtaunten Erſcheinung, wenn auf Regen nach langer Dürre die eben entſtandenen kleinen Teiche binnen wenigen Tagen eine reihe Lebensfülle zeigen, das Gepräge von etwas Unerklärbarem abgeſtreift.
Die Cyſten einer Spezies von Jnfuſorien ſind durhaus niht gleicher Art, man hat z. B. bei den Heuinfuforien (Colpoda) nah Rhumbler dreierlei verſchiedene zu unterſcheiden: Dauercyſten, Teilungscyſten und Sporocyſten.