Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6
686 Uvrtiere. Zweite Klaſſe: Wurzelfüßer; erſte Drdnung: Strahlinge.
auftritt und ſich zeitlebens erhält, bei einigen indeſſen erſt unmittelbar vor der Fortpflanzung erſcheint. Jn der Zentralkapſel findet ſih zunächſt eine zweite dünnwandige Kapſel, die Binnenblaſe, der Kernkörper der Zelle, die aber auh dur< mehrere ſolide Kerne vertreten ſein kann. Weiter umhüllt die Zentralkapſel außer Protoplasma auh noh mit waſſerheller Feuchtigkeit gefüllte Hohlräume (Vakuolen), Öltröpfchen, Pigmentkörperchen, kriſtallähnliche, aber organiſche Gebilde (ſogenannte Kriſtalloide) und echte Kriſtalle, Lebtere ſind freilih ſelten; ſie ſind himmelblau und beſtehen aus \{wefelſauxem Strontian oder Cöleſtin, eine in der ganzen Tierwelt einzig daſtehende Thatſache. Dieſe Zentralfapſel iſt in der That das Zentralorgan des ganzen Strahlinges und vermittelt, ſoweit wir wiſſen, abgeſehen von der auh vorkommenden Teilung, die Fortpflanzung, wenigſtens bei ſolhen Formen, die ſtatt der Binnenblaſe homogene Kernkörperhen haben. Dieſe wirken bei beginnender Fortpflanzung als Anziehungsherde auf das umgebende Protoplasma, das ſi<h um ſie in Geſtalt ovaler Maſſen anſammelt, eine zarte Hülle und eine einzige lange Geißel erhält, bi8weilen auh eines jener erwähnten Kriſtalloide, die überhaupt Reſervenahrſtoffe für die junge Brut zu ſein ſcheinen, einſchließt. Hat die junge Brut dieſe Beſchaffenheit erreicht, ſo ſprengt ſie die Zentralkapſel und ſhwärmt als Sporen, die nah und na< zu RNadiolarien heranwachſen, aus.
Die Kapſelhaut wird entweder von zahlreichen, ſehr feinen Poren oder von mehreren (meiſt drei) größeren oder einer großen Öffnung durchſetzt. Durch dieſe Öffnungen kommuniziert der Jnhalt der Zentralkapſel mit der umgebenden Außenmaſſe. Auch dieſe iſt durchaus nicht einfah gebaut, ſie zeigt vielmehr eine dreifahe Schichtung. Zu innerſt, unmittelbar der Zentralkapſel auf und mit ihrem Jnhalt, wie erwähnt, durh die Öffnungen derſelben im Zuſammenhang liegt eine körnerreiche, zähflüſſige Schicht, der Mutterboden (Sarcomatrix). Auf dieſe folgt eine zweite, weit mächtigere, waſſerreiche, eiweiß- oder gallertartige, gleihmäßige oder dur zahlreiche Hohlräume (Alveolen) ſchaumige, die Decke (Calymma), wel<he wohl nur ein Abſonderungsproduft des übrigen äußerlichen Protoplasmas iſt. Auf dem Calymma liegt nun eine Schicht ſehr körnerreichen Protoplasmas, die, von großen Hohlräumen durchſeßt, ein Neßwerk bildet, das Fleiſ<ſtoffneß (Sarcodictyum). Sarcomatrix und Sarcodictyum ſtehen miteinander dur< zahlreiche ſehr feine Protoplasmafäden in Zuſammenhang, welche das Calymma dur<ſegen. Vom Sarcodictyum entſpringen die langen, zarten Pſeudopodien, die häufig miteinander verſchmelzen. Sehr häufig ſind dem Protoplasma pelagiſ<h lebender Nadiolarien eigentümliche gelbe Körper, die man früher für integrierende Beſtandteile dieſer Tiere hielt und gelbe Zellen nannte. Es iſt das aber feineswegs der Fall, dieſe gelben Zellen ſind nichts als einzellige paraſitäre Algen (Zooxanthella).
Es gibt einzeln lebende und Kolonien bildende Radiolarien, die rei<h an Alveolen ſind und mehrere Zentralkapſeln beſizen.
Skelettloſe Strahlinge ſind eine große Ausnahme. Das Skelett iſt faſt immer kieſelig, d. h. an einer geringen Menge organiſcher Grundſubſtanz iſt eine Übermaſſe von Kieſel: ſäure gebunden, nur in ſeltenen Fällen beſteht es ausſ<ließli< aus einer eigentümlichen organiſchen Subſtanz, dem Akanthin (Stachel: oder Nadelſtoff). Über dieſe Skelettbildungen bemerkt Marſhall: Bald ſind es einzelne loſe Nadelgebilde, welche ſih tangential anordnen, bald treten ſie zu höchſt zierlichen Gitterkugeln zuſammen, welche mit regelmäßigen Stacheln beſetzt ſind. Gelegentlich ſte>en mehrere ſolher Kugeln konzentriſch ineinander und ſind dur Kieſelbrü>ken miteinander verbunden. Ein andermal wieder ſehen wir, wie im Zentrum des ganzen Geſchöpfes lange radiäre Strahlen immer in der Zahl 20 zuſammenſtoßen, die Zentralkapſel und das ganze Außenprotoplasma durchbrechen und ſich auf deſſen Außenſeite dur ein mehr oder weniger regelmäßiges Kieſelflehtwer® verbinden.