Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6
704: Urtiere. Zweite Klaſſe: Wurzelfüßer; vierte Ordnung: Amöben.
Zoologie und Botanik beherrſchende Abſtammungslehre erhoben hat, als auch die von Meinungen völlig unabhängige direkte Beobachtung. Jn allen, den Radiolarien und Polythalamien ſi<h anſchließenden Wuxzelfüßern kommt ein Drganismus, das iſt ein aus verſchie: denen Teilen oder Organen zuſammengeſeßter Körper, wenn auh noch ſo einfa, dadurch zu ſtande, daß in der Sarkodemaſſe Bläschen und beſondere Kerne enthalten ſind. Es muß abex, ſo paradox es klingt, Organismen ohne Organe gegeben haben, und es gibt deren auh in Menge. Für dieſe „ODrganismen ohne Organe, welche in vollflommen ausgebildetem Zuſtande einen frei beweglichen, na>ten, vollkommen ſtrukturloſen und homogenen Sarkodetörper bilden“, hat ihr Monographiſt Hae>el den Namen der Moneren vorgeſchlagen. Troß ihrer Einfachheit gehen ſie doh im Ausſehen, Art der Veräſtelung der Scheinfüßchen, in der Entwi>kelung und Lebensweiſe ſo auseinander, daß niht weniger als ſieben Sippen, freili<h faſt alle mit nur einer Art, unterſchieden werden konnten. Wir haben eine beliebige herausgenommen, das orangerote Urſchleimweſen (Protomyxa aurantiaca, \. Abbild. S. 703), von Hae>el an der Küſte der kanariſhen Fnſel Lanzarote entde>t, ein einfa<hſter formloſer Protoplasmakörper, welcher veräſtelte und miteinander verſhmelzende Scheinfüßchen treibt.
Wir würden uns mit Recht den Vorwurf, die Grenzen des „Tierlebens“ zu überſchreiten, zuziehen, wollten wir näher auf die Lebenserſcheinungen dieſer Weſen eingehen. Aber bis zu ihnen hin mußten wir uns durch die Labyrinthe der niederen Tierwelt durch: arbeiten. Jn dem Bilde der Protomyxa aurantiaca ſtrahlt uns ein Symbol entgegen, eine, wenn auh mikroſkopiſche Sonne, welche den Pfad dur<h den Entwicelungsgang der geſamten organiſhen Welt erleuchtet, ein Symbol der größten Einfachheit zugleih und der Möglichkeit der allſeitigſten Ausbildung und Vervollkommnung.