Charakterologie
VI Dorwort
itellen. Ebenjowenig gilt aber das einfache Gegenteil: daß es nur eine praftiihe und feine „neutrale“ Charakterologie gäbe. Es folgt vielmehr aud) hier aus der Seinsart des Charafterlihen ein weit fomplizierteres Derhältnis, wie das die Darjtellung des näheren ergeben wird.
Während viele Wifjenihaften ferner eine Trennung von objeftiver „Erforichung der Wahrheit” und Stellungnahme zu aktuellen Stagen der Zeit zulajjen, nimmt die Charafterologie au in diejem Puntte eine Sonderitellung ein. Die charafterologijhe Theorie unterjteht nicht nur der Zweiteilung in richtige und faljche Theorie, jondern mindejtens ebenjo der in fräftige und [hwädhliche Theorien, gejunde und ungejunde Arten der Beichäftigung mit dem Charakter. In feiner anderen Wiljenjchaft hängt die jogenannte „Objektivität“ jo innig mit der Lebenstraft des Stagenden zujammen wie hier. Aber nirgends gleitet die Sorjhung darum aud) jo leicht in gejhmadloje und voreilige Anwendung auf die Zeitgenojjen ab. Es lag oft jehr nahe, führende Perjönlichkeiten als Beijpiele für bejtimmte Charafterformen zu zitieren. Die Achtung vor der Einmaligfeit und Iettlihen Unzurüdführbarfeit perjönlicher Größe verbietet es, dieje oder jene überragende Geitalt unjeres öffentlichen Lebens von Syjtemen der Charafterwiljenjchaft her als „Sall* in Anjprudy zu nehmen. Und das um jo mehr, als dies Bud) die Überzeugung vertritt, daß die fahbare Ausprägung zu einem allgemeinen „Iyp“ jtets ein negatives Moment einjdhliekt, was im darjtellenden Teil näher begründet werden joll (j. bejonders S. 1225.)
Außerdem: man darf von der Charafterologie zwar ohne Stage eine bedeutende Hilfe für die volfserzieherifchen Aufgaben erwarten, die unjerer Generation gejtellt find. Man darf aber nicht überjehen, dak die WiljenIchaft ihre praftijche, Tebenswertvollite Seite immer dann am beiten erfüllt hat, wenn jie für die Dauer der wiljenjchaftlichen Arbeit den übergeoröneten Zwed — zu helfen und zu bejfern — eingeflammert hat. Dieje Haltung wird niemand als „indifferenten Objeftivismus” deuten, der weiß, auf wie weiten Ummwegen die Wiljenjchaft in die Lebenspraris eingreift. Neben dem Gegenjaß: lebendige Wiljenjchaft und tote „art pour l’art=Intelleftualität“ gibt es den zweiten von joldyer Sorihung, die nur auf diretten Zwed eingeitellt it — jie muß oberflächlich bleiben —, und derjenigen, die ihre Lebensverbundenheit über den Umweg weitgehender Objettivität erhält. Sie allein erfüllt mit diejer Objektivität die Sorderung, dem Leben zu helfen. Dak in der Auswahl andererjeits alles bevorzugt wurde, was der charatterlichen Höherbildung und Stärfung dienen fanın, wird für jeden jelbjtverjtändlich jein, der aus